TECHTEXTIL 2019 zeigt textile Innovationen für die Architektur.

Blickfang im Themen-Special „Urban Living – City of the Future“: Installation von Samira Boon mit Archi Folds auf der Techtextil 2019 Foto: KMänner

Mehr als Leichtbau: Techtextil 2019 | Industrie News

Blickfang im Themen-Special „Urban Living – City of the Future“: Installation von Samira Boon mit Archi Folds auf der Techtextil 2019 Foto: KMänner

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Wie meistern wir die Herausforderung der Urbanisierung? Das war eine Leitfrage der Techtextil, die vom 14. bis 17. Mai 2019 in Frankfurt stattfand. Antworten gab nicht nur das große Themen-Areal „Urban Living – City of the Future“, sondern auch viele hoch innovative Unternehmen in den Messehallen. Von Basaltgeweben über smarte Textilien bis hin zu Glasfaser-Heizsystemen: Wer neue Konzepte und Standards für eine zukunftsweisende Architektur suchte, wurde auf der internationalen Leitmesse für technische Textilien mehr als fündig.

„Es besteht kein Zweifel, dass Textilien der Schlüssel sind, um den Herausforderungen der Urbanisierung zu begegnen, wie etwa Rohstoff- und Energieknappheit, erhöhte Mobilität und der Bedarf an flexiblem Wohnraum“, erläutert Anne Marie Commandeur, Gründerin des Stiljlinstitut Amsterdam und Kuratorin der Ausstellung „Urban Living“ auf der Techtextil. Ihre elaborierte Auswahl der Projekte könnte als direkter Appell an die Architektur gelesen werden, sich noch intensiver mit den textilen Innovationen auseinanderzusetzen. Gute Gründe gibt es genügend: „Textilien sind flexibel und anpassungsfähig. Neben einem geringen CO2-Ausstoß sind sie im Vergleich zu anderen Materialien leichter zu transportieren, einfacher zu montieren und zu demontieren, so dass nur minimale Abfälle nach dem Bau anfallen“, so Anne Marie Commandeur.

Vom Straßenbau bis zur Wärmedämmung: Textile Lösungen aus Basalt der DBF GmbH Foto: KMänner

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Vom Straßenbau bis zur Wärmedämmung: Textile Lösungen aus Basalt der DBF GmbH Foto: KMänner

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Nachhaltige Materialeinnovationen
Neben der großen Gestaltungsfreiheit stehen die nachhaltigen Aspekte für die Niederländerin im Vordergrund, die „die Zirkularität im Design“ als einzigen Weg in die Zukunft benennt. Dieser Ansatz setzt sich zunehmend in der Branche durch, wie die zahlreichen „grünen“ Materialinnovationen auf der Techtextil 2019 zeigten. Hersteller wie Trevira, Carl Weiske und CaPlast setzen verstärkt auf PET-Recycling und Biopolymere. Andere Unternehmen spezialisieren sich auf Recyclingkonzepte wie Derotex aus Belgien, das seinen Rohstoff u.a. aus Kaffee- und Kakaosäcken gewinnt.

Flexibilität in Basalt
Zunehmende Beachtung erlangen Innovationen aus Basalt. Die Vorteile dieses natürlichen Werkstoffes liegen auf der Hand: Im Gegensatz zu Stahl ist Basalt leichter, hat eine höhere Zugkraft, korrodiert nicht und benötigt daher eine Betonüberdeckung von nur 1 cm statt wie Stahl 4 cm. Darüber hinaus ist Basalt recycelbar, nicht toxisch, unbrennbar (Schmelzpunkt bei 900°C - 1200°C) und verfügt über eine vorzeigbare CO2 Bilanz. Einer der Vorreiter ist die DBF Deutsche Basalt Faser GmbH, die mit ihren Produkten bereits wesentliche Anwendungsfelder erfolgreich besetzt, darunter Bewehrungsgewebe und -stäbe für den Straßen- und Betonbau sowie Laminate und Isolationsmaterialien (Nonwoven).

Präsentieren eine Textilinnovation in Basalt: Tobias Mader, Geschäftsführer Fulcoline, und Dr. Kristin Trommer, FILK, auf der Techtextil 2019 Foto: KMänner

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Präsentieren eine Textilinnovation in Basalt: Tobias Mader, Geschäftsführer Fulcoline, und Dr. Kristin Trommer, FILK, auf der Techtextil 2019 Foto: KMänner

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Neue Horizonte eröffnet das gemeinsame Produkt des Herstellers Fulcoline und des Forschungsinstituts für Leder und Kunststoffbahnen (FILK), die mit „BasaTexx“ das erste Basaltgewebe mit Silikonbeschichtung präsentieren. Die innovative Plane ist wasser- und luftdicht, wurde als unbrennbar (A2) klassifiziert und entwickelt im Brandfall weder Rauch noch Tropfen. Die Anwendungsfelder in der Architektur reichen vom Brandschutz bis hin zu temporären Bauten wie Leichtbauhallen oder Überdachungen, die durch ihre A2-Klassifizierung wesentlich dichter an Gebäude rücken können als herkömmliche Lösungen.

Die Kunst des fadengeraden Legens: „CurveTex“ von Penn Textile Solutions eröffnet völlig neue Gestaltungsfreiheiten für den Textilbeton Foto: KMänner

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Die Kunst des fadengeraden Legens: „CurveTex“ von Penn Textile Solutions eröffnet völlig neue Gestaltungsfreiheiten für den Textilbeton Foto: KMänner

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Textilbeton in Topform
Eine völlig neue Dimension der Gestaltungsfreiheit für den Textilbeton ermöglicht die Weltneuheit „CurveTex“ von Penn Textile Solutions. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen und dem Stanecker Betonfertigteilwerk hat das Paderborner Unternehmen die weltweit erste doppelgekrümmte Textilbeton-Fassade realisiert. Bisher erlaubte das Verfahren nur flache Formen. Basis für die neue Formbarkeit ist eine fadengerade und faltenfreie gelegte Textilbewehrung, in die Glasfasern zur Erhöhung der Flexibilität eingebracht wurde.

Warme Wände
Die Sonnenwärme direkt vom Dach ins Zimmer: Mit „V4heat“ stellt das Unternehmen Vitrulan ein neuartiges, intelligentes Flächenheizsystem vor, das direkt mit einer Photovoltaikanlage gekoppelt werden kann. Grundlage bildet ein Armierungsgewebe aus Glasfaser, das sich leicht in verschiedenen Materialien einbetten und unsichtbar in Wand, Boden oder Decke einarbeiten lässt. Das System läuft mit gesundheitlich unbedenklichem Gleichstrom. Die smarte Steuerung ermöglicht das Einrichten von Komfortzonen im ganzen Haus und bietet bei Bedarf Schutz vor Schimmel in Bädern oder feuchten Außenwänden.

Bringt die Sonnenwärme über Glasfaser ins Haus: Smartes Heizsystem „V4heat“ von Vitrulan

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Bringt die Sonnenwärme über Glasfaser ins Haus: Smartes Heizsystem „V4heat“ von Vitrulan

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Wider Wetter und Cyber-Kriminalität
Insgesamt bot die Techtextil viele beachtenswerte Innovationen im Bereich der textilen Architektur. Die Sattler PRO-TEX GmbH etwa stellte ihre neue Membran „Atlas Architecture“ vor. Die für das Anwendungsfeld komplett neue Gewebebindung mit erhöhter PVC-Abdeckung sorgt unter anderem für einen überdurchschnittlich hohen Weißgrad, eine verbesserte Zugkraft sowie eine sehr gute UV-Beständigkeit und Langlebigkeit. Damit bietet sie viele neue und einzigartige Möglichkeiten für Projekte in der textilen Architektur.

Zum Thema Beschattung und Wetterschutz zeigt die Ettlin AG die Neuheit „TransProof“, ein Gewebe für den permanenten Außeneinsatz mit einstellbaren Eigenschaftskombinationen: Das ultrafeine und damit sehr leichte Gitter ist sowohl wasserabweisend als auch luft- und lichtdurchlässig. Somit wird Stauwärme vermieden und die Sicht bleibt, auch bei hoher Sonnenschutzfunktion, frei. Attraktive Fassaden- und Sicherheitssysteme aus Metall bietet GKD Architekturgewebe. Im Hinblick auf die Digitalisierung gewinnen hier unter anderem Abschirmungs- und Schutzmaßnahmen gegen Cyber-Attacken an Bedeutung.

Erhöhter Weißgrad, der hält: Die Innovation „Atlas Architecture“ der Sattler PRO-TEX GmbH Foto: Sattler PRO-TEX GmbH

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Erhöhter Weißgrad, der hält: Die Innovation „Atlas Architecture“ der Sattler PRO-TEX GmbH Foto: Sattler PRO-TEX GmbH

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Faszinierendes Licht, gesunde Akustik
Welches gestalterische Potenzial Textilien im Bereich LED bieten, demonstriert Ettlin Smart Materials mit „EttlinLux“. Das optische Gitter schafft räumliche Strukturen, ohne selbst in die Tiefe gehen zu müssen. Die Einsatzgebiete reichen von Kunstprojekten über dauerhafte Lichtinstallationen bis hin zu Wohnraum- und Automobilleuchten. Einem häufigen Störfaktor von LED-Leuchten, nämlich die Sichtbarkeit der einzelnen Lichtpunkte, hat sich die Eschler Textil GmbH gewidmet: Ein intelligenter Schichtaufbau smarter Textilien bewirkt die homogene flächige Aufteilung der LED-Punkte und optimiert fast en passant die Raumakustik für ein stimmungsvolles Raumerlebnis.

Oben: Beeindruckende Tiefenwirkung: Lichtinstallation mit EttlinLux im Brüsseler Flughafen @ ACTLD.com, Unten: Lässt LED-Lichtpunkte verschwinden: Eschler verbindet Lichtambiente mit Raumakustik auf dem Techtextil-Messestand Foto: Eschler

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Oben: Beeindruckende Tiefenwirkung: Lichtinstallation mit EttlinLux im Brüsseler Flughafen @ ACTLD.com, Unten: Lässt LED-Lichtpunkte verschwinden: Eschler verbindet Lichtambiente mit Raumakustik auf dem Techtextil-Messestand Foto: Eschler

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Auch in Sachen Schallschutz boten die Aussteller der Techtextil viel Inspiration. Dabei rückten die Aspekte Nachhaltigkeit und Naturschutz einmal mehr in den Fokus. Vorne an etwa der Markführer BWF Feltec, dessen Designfilze und Akustikpaneele von Haus aus aus reiner Wolle bestehen. Neben hoch flexiblen Lösungen etwa für die Deckengestaltung richtet der Hersteller sein Augenmerk u.a. auf bisher wenig beachtete Flächen wie Kabelkanäle, die er durch schallabsorbierende Lösungen ersetzt. Kreativität auch beim klassischen Akustik-Paneel: Das denkt die Sandler AG neu und setzt nicht nur auf recycelbare Lösungen Materialien, sondern bringt durch die Beschichtung mit frischem Almheu oder Kornblumen einen natürlichen Touch in den Innenraum. – Kerstin Männer

Oben: Verknüpft Natur, Funktion und Design: Franz Endres, Managing Director BWF Feltec, zeigt flexible Akustiklösungen auf der Techtextil 2019 Foto: KMänner, Unten: Akustik-Paneele mit kreativer Beschichtungen bei Sandler auf der Techtextil Foto: Sandler

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Oben: Verknüpft Natur, Funktion und Design: Franz Endres, Managing Director BWF Feltec, zeigt flexible Akustiklösungen auf der Techtextil 2019 Foto: KMänner, Unten: Akustik-Paneele mit kreativer Beschichtungen bei Sandler auf der Techtextil Foto: Sandler

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Die Techtextil ist die internationale Leitmesse für Technische Textilien und Vliesstoffe. Im zweijährigen Rhythmus präsentieren hier Aussteller aus aller Welt das gesamte Spektrum der Einsatzmöglichkeiten textiler Produkte und Technologien. Parallel zur Techtextil findet mit der Texprocess die Leitmesse für die Bekleidungs- und textilverarbeitende Industrie statt. Insgesamt zeigten 2019 auf den beiden Messen mehr als 1.800 Aussteller aus 59 Ländern ihre Produktneuheiten in Frankfurt.