Zum zwölften Mal wird am 3. Februar 2023 der German Design Award in Frankfurt verliehen. Mit seinem breiten Themenfeld zeigt er auf, wie in allen Bereichen des Designs soziale und ökologische Faktoren massgeblich auf die Gestaltung einzahlen, um so auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen zu antworten.

Ein Gewinner aus der Kategorie Excellent Architecture: Das Büro ERRE arquitectura verwandelte für die Clinica Alejandria urbanen Leerstand in eine kontemplative Oase der Ruhe

Ausgezeichnet: Die Gewinner des German Design Award 2023 | Aktuelles

Ein Gewinner aus der Kategorie Excellent Architecture: Das Büro ERRE arquitectura verwandelte für die Clinica Alejandria urbanen Leerstand in eine kontemplative Oase der Ruhe

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Mit den Ergebnissen des German Design Award 2023 präsentiert sich ein Destillat zeitgenössischer Tendenzen: Als breit und international aufgestellter Preis zeigt der GDA das Beste aus vielen gestalterischen Ressorts, vom Branding über Verpackung bis zu digitalen Produkten, von Konsumgütern bis zur Architektur. Die vom Rat für Formgebung ausgelobte Auszeichnung belegt, was bewegt. 2023 ist das wohl präsenteste Thema die Auseinandersetzung mit ökologischen und sozialen Fragen, zudem hat die Pandemie ihre Spuren hinterlassen.


4200 Einsendungen aus 57 Nationen füllten die 68 Kategorien – und insgesamt 98-mal gab es die höchste Auszeichnung „Gold“


Lutz Dietzold, Geschäftsführer des Rat für Formgebung erklärt: „Mit dem German Design Award werden diejenigen Unternehmen, Projekte und Produkte sichtbar, die die Transformationen unserer Zeit mitgehen, nachhaltige Lösungen vorantreiben und innovative Antworten auf eine sich stets verändernde Welt geben.“ Die gestaltete Umwelt ist ein Echo auf aktuelle Themen und Probleme – und der GDA zeichnet Leistungen aus, die auf gesellschaftliche und politische Veränderungen mit neuen Perspektiven und innovativen Antworten reagieren.

Der Hersteller nevi hat mit Betula den weltweit ersten Bodenbelag aus Birkenrinde entwickelt, der sich auch für Nassräume eignet. Das Material ist nicht nur nachhaltig, sondern quillt nicht und hat eine warme Haptik

Ausgezeichnet: Die Gewinner des German Design Award 2023 | Aktuelles

Der Hersteller nevi hat mit Betula den weltweit ersten Bodenbelag aus Birkenrinde entwickelt, der sich auch für Nassräume eignet. Das Material ist nicht nur nachhaltig, sondern quillt nicht und hat eine warme Haptik

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Gestaltete Umwelt

Wie vielschichtig der Preis aufgestellt ist, zeigt allein der Blick auf die Jury. Sie setzt sich aus 36 Persönlichkeiten aus allen Sparten der Designszene zusammen. Dabei sind renommierte Gestalter:innen wie Mark Braun, Alexander Fehre, Carole Baijings und Hanne Willmann, aber auch Marken- und Strategieexpert:innen von Unternehmen wie der Telekom, Pro 7 oder Microsoft Medical Devices. 4200 Einsendungen aus 57 Nationen füllten die 68 Kategorien – und insgesamt 98-mal gab es (neben „Winner“ und „Special Mention“) die höchste Auszeichnung „Gold“. Darunter sind Rucksäcke, Besteck, Rasenmäher, Gebäude, Apps, Zahnbürsten, ein Kraftwerk oder Umsetzungen von Brand Identity. Die Liste der mit Gold Ausgezeichneten offenbart Themen, die unsere Gesellschaft übergreifend beschäftigen und besonders in den letzten drei Pandemie-Jahren relevant geworden sind.

In über 30 Metern Höhe können Besucher über den Dächern von Rotterdam wandeln. Der Rooftop Walk stammt aus der Feder von MVRDV und erweitert den Stadtraum auf einer zweiten Ebene

Ausgezeichnet: Die Gewinner des German Design Award 2023 | Aktuelles

In über 30 Metern Höhe können Besucher über den Dächern von Rotterdam wandeln. Der Rooftop Walk stammt aus der Feder von MVRDV und erweitert den Stadtraum auf einer zweiten Ebene

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Die neue Balance von Work und Life

Prägnant sind die jüngsten Veränderungen am Arbeitsplatz. Lange Homeoffice-Perioden haben dafür gesorgt, dass wir das Büro heute vielmehr als Ort der Begegnung und des Austausches verstehen. Statt statischer Wände und fixer Schreibtischplätze brauchen Mitarbeitende wandelbare Flächen, die auf tagesaktuelle Tätigkeiten, wechselnde Teams und vielschichtige Projekte reagieren. Das modulare und elektrifizierbare Stellwandsystem Clamp von Palmberg schafft massgeschneiderte und akustisch beruhigte Flächen in Grossraumbüros, wann und wo immer sie gebraucht werden. Dafür gab es von der Jury des GDA Gold in der Kategorie „Product Design“. Wie sich die Nutzung von Innen- und Aussenräumen verändert hat, belegt auch die Kategorie „Architecture“. Hier gab es mit dem Rotterdam Rooftop Walk von MVRDV die höchste Auszeichnung für eine temporäre und 600 Meter lange Fussgängerbrücke, die den urbanen Freiraum ohne weiteren Flächenkonsum vergrössert, indem sie eine zweite Ebene ins städtische Gefüge bringt. Das ebenfalls mit Gold honorierte Interieur-Projekt Clinica Alejandria von Erre Arquitectura in Valencia ist ein Beispiel dafür, wie Gesundheitseinrichtungen zu Wohlfühlräumen werden können. Im Bestand entstand ein sakraler, nüchterner und eleganter Ort, der von organischen Formen, Lehmmörtel und einer überlegten Lichtplanung geprägt ist und damit ästhetisch Entspannung statt nüchterne Hygiene vermittelt.

Das mit Gold ausgezeichnete, modulare und elektrifizierbare Stellwandsystem Clamp von Palmberg antwortet auf moderne Arbeitswelten. Es lässt Räume dort entstehen, wo sie situationsgerecht gebraucht werden

Ausgezeichnet: Die Gewinner des German Design Award 2023 | Aktuelles

Das mit Gold ausgezeichnete, modulare und elektrifizierbare Stellwandsystem Clamp von Palmberg antwortet auf moderne Arbeitswelten. Es lässt Räume dort entstehen, wo sie situationsgerecht gebraucht werden

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Design im Digitalen

Ein weiteres, präsentes Thema in den Reihen der Preisträger:innen sind digitale Lösungen für Alltägliches, welche sich besonders bei den mit Gold ausgezeichneten Projekten der Kategorie „Communication Design“ zeigen. Das Projekt Bionic Reading sucht einen innovativen Zugang zu digitalen Lesegewohnheiten, indem die Anfangsbuchstaben eines Wortes typographisch hervorgehoben werden. Das Gehirn vervollständigt das Wort, Bionic Reading fördert so schnelleres Lesen. Und auch das Metaverse, die Erweiterung unserer Realität durch virtuelle Räume, zeigt sich in unternehmerischen Strategien, wie dem digitalen Onlineshop des Modevertriebs About You. Mit dem Label Hypewear wurde in Kooperation mit Dept ein Virtual Fashion Space geschaffen. „Dieses noch neue, aber durchaus sinnvolle Konzept im Hinblick auf die zunehmende Verwendung von sozialen Medien möchte Kund:innen animieren, sich digital neu zu erfinden. In Zeiten, in denen sich die Realität längst mit der digitalen Welt vermischt hat, ist das Angebot von virtueller Mode nur konsequent“, so die Begründung der Jury für Gold.

Paula Keilholz und Tobias Trübenbacher wurden beide in der Kategorie Newcomer nominiert. © Martin Diepold

Ausgezeichnet: Die Gewinner des German Design Award 2023 | Aktuelles

Paula Keilholz und Tobias Trübenbacher wurden beide in der Kategorie Newcomer nominiert. © Martin Diepold

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Alles auf Grün

Ein weiterhin wichtiges Thema bleibt Nachhaltigkeit. Ökologische, soziale und globale Herausforderungen stellen Themenfelder wie Kreislaufwirtschaft, Recycling und grüne Energiebilanzen für viele Gestalter:innen in den Mittelpunkt. Gegenwartsnahe Projekte, wie etwa der Fussboden betula von nevi aus schnell nachwachsender Birkenrinde zeigen eine umweltfreundlich motivierte Praxis.


„Ich glaube, es geht gerade mehr denn jeher darum, sinnvolle Produkte zu entwickeln“


Die Portfolios der fünf Finalist:innen für den Newcomer-Preis des German Design Award belegen, wie soziale und ökologische Themen auch den gestaltenden Nachwuchs beschäftigen. Katharina Düing, Paula Keilholz, Anna Koppmann, Tim Schütze und Tobias Trübenbacher sind Absolvierende verschiedener Disziplinen an deutschen Designhochschulen, teilen sich aber ein thematisches Universum: Sie beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit ökologischen, sozialen und globalen Herausforderungen. „Ich glaube, es geht gerade mehr denn jeher darum, sinnvolle Produkte zu entwickeln“, findet Produktdesigner Tobias Trübenbacher, der unter anderem eine klimaneutrale Strassenlaterne entwickelt hat, die Lichtverschmutzung reduziert und alle benötigte Energie mit einem Windrad erzeugt.

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© Rat für Formgebung

Die Modedesignerin Paula Keilholz hingegen hat sich mit Abendmode auseinandergesetzt. „Diese Kleidungsstücke sind eigentlich Wegwerfartikel. Weil man sie nur einmal trägt. Ich habe dann nachhaltige Wegwerfartikel gestaltet; Kleidungsstücke, die stärkebasiert sind und die man guten Gewissens nur einen Abend tragen kann.“

Oben: About You und Depts digitaler Fashion-Store für virtuelle Mode erhielt Gold in der Kategorie Excellent Communications Design. Unten: Bionic Reading setzt auf typographische Betonung, um das Gehirn anzuregen und Wörter automatisch zu vervollständigen

Ausgezeichnet: Die Gewinner des German Design Award 2023 | Aktuelles

Oben: About You und Depts digitaler Fashion-Store für virtuelle Mode erhielt Gold in der Kategorie Excellent Communications Design. Unten: Bionic Reading setzt auf typographische Betonung, um das Gehirn anzuregen und Wörter automatisch zu vervollständigen

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Noch steht der oder die Gewinner*in des Newcomer Awards nicht fest. Geehrt und gefeiert werden die Marken, Unternehmen und Produkte am 3. Februar 2023 im Rahmen der Messe Ambiente bei der Award Show in Frankfurt am Main, hier werden auch die noch offenen Auszeichnungen 'Personality of the Year','Public Choice Award' und auch der mit 15.000 Euro dotierte 'German Design Award – Newcomer' bekannt gegeben. Vom 3. bis zum 19. Februar können die ausgezeichneten Projekte ausserdem im Museum Angewandte Kunst besichtigt werden, ergänzend finden Talks und Führungen zu relevanten Designthemen statt. Für alle, die es nicht nach Frankfurt schaffen, gibt es ausserdem eine gut dokumentierte Online-Galerie, in der alle Projekte und Ausgezeichneten mit Beschreibung und Begründung der Jury dokumentiert sind.

© Architonic

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