Mit einer ganzen Reihe paradigmenverändernder Retail-Design-Projekte ist das produktive japanische Designstudio Nendo ein echter Smartshopper.

Nendo-Gründer Oki Sato: "Wir entwerfen Einzelhandelsflächen in der gleichen Weise wie ein Produkt oder ein Möbelstück"

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Nendo-Gründer Oki Sato: "Wir entwerfen Einzelhandelsflächen in der gleichen Weise wie ein Produkt oder ein Möbelstück"

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Entgegen der Prognose, E-Commerce werde zum Sargnagel des stationären Geschäftes, konnte der Handel die binäre Monokultur zugunsten eines "Omnikanal"-Businessmodells abwenden. Marken bieten ihren Kunden eine kohärente Shoppingerfahrung, egal ob sie online oder im Laden einkaufen.

Neben der Tatsache, dass wir physische Wesen sind, die trotz ihres selbsterstellten digitalen Universums eine grundlegende Notwendigkeit für das Analoge, das Unmittelbare, das Taktile haben, spielt die Echtzeit-Shoppingfläche für Händler eine wichtige Rolle für das Marketing. Hier wird die Bekanntheit der Marke konsolidiert. Die Marke wird plastisch und das wirkt sich durch einen signifikanten Trafficboost auch auf die Online-Präsenz aus.

Wenn ein Designstudio sich den etablierten Trends widersetzt und konsequent Form und Erlebnisfaktor der physischen Einzelhandelslandschaft erneuert, dann ist es Nendo. Das japanische Office unter Leitung von Oki Sato hat eine beeindruckende Liste an internationalen Referenzprojekten aufgebaut, die das typologische Paradigma zu Wiedererkennungswert und kommerziellem Effekt verschieben.

Trotz seines vollen Terminkalenders konnten wir mit Sato ein Gespräch über Retail-Design führen.

Durch die Kombination von braunen, cremefarbenen und beigen Böden zu sanft geschwungenen Wänden gestaltete Nendo nach einer schmelzenden Eistorte das Interieur des neuen Glace et Chocolat Shops in Kichijoi, Tokio. Fotos: Takumi Ota

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Durch die Kombination von braunen, cremefarbenen und beigen Böden zu sanft geschwungenen Wänden gestaltete Nendo nach einer schmelzenden Eistorte das Interieur des neuen Glace et Chocolat Shops in Kichijoi, Tokio. Fotos: Takumi Ota

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Nendo hat einige der inspirierendsten Einzelhandelsflächen gestaltet. Warum ist Retail-Design für euer Studio so interessant?

Für mich und Nendo geht es beim Design um das kreative Lösen von Problemen, um das Finden neuer Ansätze. Wir gestalten Einzelhandelsflächen auf die gleiche Weise, wie wir es mit einem Produkt oder einem Möbelstück tun würden. Ich denke Retail-Design erfordert kein spezifisches Vorgehen.

Wenn wir Einzelhandelsumgebungen entwerfen, konzipieren wir das als Erweiterung der Einrichtung und entwickeln von dort ein Modell für den innenarchitektonischen Plan. Also für mich ist es wirklich komplett das Gleiche, ob wir ein Produkt oder Architektur realisieren.

Der Siam Discovery Departement Store in Bangkok verzichtet auf die klassische, markenbasierte Organisation zugunsten eines neuen Konzepts, für das Nendo eine Reihe markanter "lifestyle laboratories" erschuf. Fotos: Takumi Ota

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Der Siam Discovery Departement Store in Bangkok verzichtet auf die klassische, markenbasierte Organisation zugunsten eines neuen Konzepts, für das Nendo eine Reihe markanter "lifestyle laboratories" erschuf. Fotos: Takumi Ota

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Wie entscheidet ihr mit welchen Marken/Kunden ihr zusammenarbeitet?

Für uns ist es wichtig, dass die Kunden grundsätzlich bereit sind, neue Herausforderungen anzunehmen und auch wirklich Leidenschaft für Design mitbringen – nicht nur Interesse an der Projektgrösse, dem Budget oder Zeitplan.

Wie geht ihr damit um, dass es beim Shopping zunehmend ebenso sehr um die Gestaltung einer Erfahrung wie um die Gestaltung eines physischen Raumes geht?

Ganz einfach. Ich denke es ist sehr wichtig, dass der physische Raum den Gast langsam fesselt, so dass er ganz impulsiv etwas kauft oder unerwartet etwas findet, während er durch den Store schlendert. Wenn man genau weiss, was man kaufen will, dann ist man meiner Meinung nach mit Online-Shopping besser bedient.

Reduktion und Transparenz bestimmen den BbyB-Shop und das Café in Ginza, Japan. Es ist die erste Dependance des Antwerpener Chocolatiers in Übersee. Fotos: Daici Ano

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Reduktion und Transparenz bestimmen den BbyB-Shop und das Café in Ginza, Japan. Es ist die erste Dependance des Antwerpener Chocolatiers in Übersee. Fotos: Daici Ano

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Wie bringt ihr eure kreativen, experimentellen Ideen in Übereinstimmung mit den geschäftlichen Anforderungen eurer Kunden? Müsst ihr eure ursprünglichen Konzepte verdünnen?

Wenn ich eine Idee von irgendwoher importiere, dann gibt es natürlich Konfliktpotenzial mit den Vorstellungen des Klienten. Aber wenn man dessen spezifische Problematiken als 'Zutaten' sieht, die von Beginn an Bestandteil der Mischung sind, dann kann man die Konflikte reduzieren.

Ausserdem versuche ich, das fertige Projekt zu simulieren, indem ich ein detailliertes Modell und Renderings erstelle, so dass es eine gemeinsame Vorstellung davon gibt, was als Resultat zu erwarten ist. Und ich lege grossen Wert auf Kommunikation.

Bei Hat Cloud und Key to Style, beide in Tokios Seibu Shibuya Store, werden die Produkte zu grafischen Elementen in bunten, farbenfrohen Umgebungen. Fotos: Takumi Ota

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Bei Hat Cloud und Key to Style, beide in Tokios Seibu Shibuya Store, werden die Produkte zu grafischen Elementen in bunten, farbenfrohen Umgebungen. Fotos: Takumi Ota

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Wie wird sich das Retail-Design in den nächsten Jahren weiterentwickeln? Und wie hättest du gerne, dass es sich entwickelt?

Über solche Dinge mache ich mir beim Designen keine Gedanken. Ich konzentriere mich nur auf das, was ich in diesem Moment gerade tue.

Grosse Haupttrends splitten sich auf wie Flüsse. Vielfalt als Trend an sich beschleunigt sich. Man kann sich das vorstellen wie die vielen Adern einer Pflanze oder die Art, wie Kapillargefässe sich verzweigen. Ich hoffe, dass Nendo ein kleiner Nebenfluss werden wird.

© Architonic

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