Das jüngste Projekt des französischen Designers Norguet mit dem italienischen Möbelexperten ist eine modulare Struktur, die der Flexibilität unserer zeitgenössischen Innenräume gerecht wird. Wir haben uns auf der Salone del Mobile mit ihm getroffen, um mehr darüber zu erfahren.

„Jeff” in der Pedrali Ausstellung auf der diesjährigen Salone del Mobile. Projekt von Calvi Brambilla, Gestaltung Studio Salaris. Foto: © Ottavio Tomasini

„Ein Wohnsofa 'dazwischen'”: Patrick Norguet für Pedrali | Aktuelles

„Jeff” in der Pedrali Ausstellung auf der diesjährigen Salone del Mobile. Projekt von Calvi Brambilla, Gestaltung Studio Salaris. Foto: © Ottavio Tomasini

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Ich kannte mal einen Jeff. Ein netter Kerl. Es ist einer dieser universellen Namen, die auf eine unbestechliche Zuverlässigkeit schliessen lassen. Jemand, mit dem man Pferde stehlen kann, wie man so schön sagt.

Da trifft es sich gut, dass das neu eingeführte modulare Sofasystem des französischen Designers Patrick Norguet für Pedrali denselben Namen trägt. Da die Landschaften unserer Innenräume – ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder in einer Mischung aus beidem – auch in Zukunft flexibel sein müssen, ist es vielleicht nicht überraschend, dass es eine Rückkehr zu vertrauten, verlässlichen Möbeltypologien gibt, die Nutzer-Komfort sowohl visuell versprechen als auch tatsächlich liefern und gleichzeitig eine unbegrenzte Anpassungsfähigkeit ermöglichen.

Patrick Norguet (oben) im Gespräch mit Architonic Chefredakteur Simon Keane-Cowell

„Ein Wohnsofa 'dazwischen'”: Patrick Norguet für Pedrali | Aktuelles

Patrick Norguet (oben) im Gespräch mit Architonic Chefredakteur Simon Keane-Cowell

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„Die Idee war, ein Wohnsofa 'dazwischen' zu schaffen”, erzählt mir der in Paris lebende Kreative, als wir auf der diesjährigen Salone del Mobile in Mailand Platz nehmen, „denn in verschiedenen Farben und Kombinationen kann man es sich auch in der Lobby eines Hotels vorstellen. Es ist ein sehr einfaches System, das modular und konfigurierbar ist.” Norguets natürliche Bescheidenheit täuscht darüber hinweg, wie sorgfältig er dieses mikro-architektonische Programm durchdacht hat, bei dem lineare und Eck-Elemente mit Chaiselongues und Endstücken kombiniert werden, um Strukturen zu schaffen, die auf elegante Weise mit dem sie umgebenden Raum kommunizieren.


Da die Landschaften unserer Innenräume auch in Zukunft flexibel sein müssen, ist es vielleicht nicht überraschend, dass es eine Rückkehr zu vertrauten Möbeltypologien gibt, die Nutzer-Komfort sowohl visuell versprechen als auch tatsächlich liefern


Für mich hat der Kontrast zwischen Jeffs kantigen Rückenlehnen und den abgerundeten Ecken der reich gepolsterten Sitzfläche aus Polyurethanschaum einen Hauch von Art déco, ganz zu schweigen von den versteckten Füssen, die dem Sofa eine gewisse optische Leichtigkeit verleihen. „Es ist einfach zart. Es ist nicht überdesignt, verstehen Sie? Manchmal kann man es riechen – das Gleichgewicht zwischen der Form, den Linien, der Spannung. Manchmal kann man sich ein Produkt vorstellen, das nicht überdesignt ist. Und wenn es nicht überdesignt ist, ist es keine Mode, und dann kann man anfangen, über ein zeitloses Produkt zu sprechen.”

Ob in Messeumgebungen (oben, Projekt Calvi Brambilla, Foto Ottavio Tomasini) oder minimalistischen Räumen (unten, Art Direction Studio FM, Foto Andrea Garuti) – das modulare System passt in jede Ästhetik. Styling (beide): Studio Salaris

„Ein Wohnsofa 'dazwischen'”: Patrick Norguet für Pedrali | Aktuelles

Ob in Messeumgebungen (oben, Projekt Calvi Brambilla, Foto Ottavio Tomasini) oder minimalistischen Räumen (unten, Art Direction Studio FM, Foto Andrea Garuti) – das modulare System passt in jede Ästhetik. Styling (beide): Studio Salaris

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Patrick Norguet: Meine Aufgabe ist es, Unternehmen dabei zu helfen, eine echte Strategie zu entwickeln. Ich komme aus der Modebranche und habe zwei Jahre bei Louis Vuitton gearbeitet, wo ich viel gelernt habe. Meine Leidenschaft sind Marken und Prozesse. Wenn ich also mit einem Unternehmen zusammenarbeite, geht es darum, gemeinsam eine Strategie zu entwickeln, und nicht unbedingt darum, neue Produkte um ihrer selbst willen zu entwerfen. Das wäre wie Umweltverschmutzung. Der Markt ist voll. Deshalb ist Unternehmensintelligenz der Schlüssel, genau wie die Intelligenz der Menschen, die die Produkte umgeben. Mit Pedrali habe ich beides.

Architonic: Wenn ich Designer:innen treffe und wir über ein neues Produkt sprechen, lautet meine Grundfrage immer: „Warum brauchen wir das?” Warum brauchen wir das neue Jeff-Sofa für Pedrali?

PN: Es ist ein Produkt der Corona-Ära, vor allem der Entwicklung des mehr oder weniger permanenten Home Office. Die Leute blieben zu Hause und gaben kein Geld aus. Restaurants und Hotels wurden geschlossen, und die Leute wollten ihre häusliche Landschaft verändern, ihre Küche verändern, ihr Sofa verändern. Pedrali und ich hatten einen langen Austausch darüber.


„Die Idee war, ein Wohnsofa für ,dazwischen’ zu schaffen – denn in verschiedenen Farben und Kombinationen kann man es sich auch in der Lobby eines Hotels vorstellen. Es ist ein sehr einfaches System, das modular und konfigurierbar ist”


Das ist keine grosse strategische Veränderung, denn Pedrali hatte bereits vor einigen Jahren damit begonnen, Produkte für den Wohnbereich neben denen für das Büro und den Objektbereich einzuführen. Aber die Idee war, ein Wohnsofa für „dazwischen” zu schaffen – denn in verschiedenen Farben und Kombinationen kann man es sich auch in der Lobby eines Hotels vorstellen. Es ist ein sehr einfaches System, das modular und konfigurierbar ist. Wir haben auch viel über den Preis diskutiert. Es geht darum, ehrlich zu sein und am Ende des Tages den richtigen, fairen Preis zu haben.

Jeffs Elemente aus nicht verformbarem Polyurethanschaum heben sich dank kleiner Füsse leicht vom Boden ab, um eine schwebende architektonische Landschaft des Komforts zu bilden. Art Direction: Studio FM, Foto: © Andrea Garuti, Styling: Studio Salaris

„Ein Wohnsofa 'dazwischen'”: Patrick Norguet für Pedrali | Aktuelles

Jeffs Elemente aus nicht verformbarem Polyurethanschaum heben sich dank kleiner Füsse leicht vom Boden ab, um eine schwebende architektonische Landschaft des Komforts zu bilden. Art Direction: Studio FM, Foto: © Andrea Garuti, Styling: Studio Salaris

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AT: Also kann man Jeff konfigurieren. Wenn Sie zum Beispiel zu zweit zu Hause wohnen und einer von Ihnen arbeitet, können Sie es so konfigurieren, dass es zu den funktionalen Anforderungen Ihres Wohnraums passt. Wobei, wie Sie sagen, die Leute nicht zurück ins Büro gehen wollen, die Leute mehr zu Hause sind, das Haus zu einer Drehscheibe wird ...

PN: Ja, aber gleichzeitig kann man es sich auch im Eingangsbereich oder in der Lobby eines Unternehmens oder im Wartezimmer vorstellen. Wir haben natürlich viel Zeit auf die Qualität verwendet, um sicher zu sein, dass die Form bequem ist. Und es gibt einen kleinen Kontrast zwischen dem Sitz und der Rückenlehne. Aber es ist ein sehr einfaches Volumen, sehr streng. Gleichzeitig ist es aber auch sehr zart. Es ist nicht überdesignt, wissen Sie. Es ist ein Gleichgewicht – wie Musik, oder wie das Wort, wenn man etwas schreibt.


„Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich mir meine Kunden selbst aussuchen kann, und ich arbeite nur mit netten Leuten zusammen. Denn ich bin mir sicher: Ein gutes Produkt kommt von guten Menschen”


AT: Glauben Sie, dass sich die Verantwortung von Designer:innen in den letzten Jahrzehnten verändert hat? Glauben Sie, dass sich Ihre Rolle verändert hat?

PN: Nun ja; ich war heute Morgen auf der Strasse und habe eine grosse Anzeige für einen neuen Stuhl gesehen. Irgendeine riesige Veranstaltung mit einem französischen Designer. Das ist doch völlig sinnlos. Das ist nur Marketing und Kommunikation, um eine Veranstaltung diese Woche in Mailand zu bewerben. Ich ziehe es vor, viel Zeit in der Produktion zu verbringen. Für mich besteht der Prozess vor allem aus Dialog – das ist eine Hauptverantwortung des Designers. Nicht mehr und mehr Ego. Meine Aufgabe ist es, ruhig zu sein, bescheiden zu sein und den Leuten zuzuhören. Ich bin jetzt in einem Alter, in dem ich mir meine Kunden selbst aussuchen kann, und ich arbeite nur mit netten Leuten zusammen. Denn ich bin mir sicher: Ein gutes Produkt kommt von guten Menschen. Den Rest brauchen wir nicht mehr.

© Architonic

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