Die Rolle unserer Städte verändert sich, und diese Projekte zur Gestaltung von Grünflächen in ganz Europa bringen uns die natürliche Welt zurück …

Radfahrer:innen in der niederländischen Stadt Zwolle werden „mit Pflanzen, die sich mit den Jahreszeiten verändern, über die Rampen des Fahrradparks im Bahnhof geleitet“, erklären die Architekt:innen PosadMaxwan. Foto: Aiste Rakauskaite

Urban rewilding: der Kampf um die Rückeroberung von Grünflächen | Aktuelles

Radfahrer:innen in der niederländischen Stadt Zwolle werden „mit Pflanzen, die sich mit den Jahreszeiten verändern, über die Rampen des Fahrradparks im Bahnhof geleitet“, erklären die Architekt:innen PosadMaxwan. Foto: Aiste Rakauskaite

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Seit der Entstehung unserer Städte haben wir darauf geachtet, die Grünflächen innerhalb urbaner Kontexte zu schützen. Schon die Römer legten weitläufige Parks im Herzen der Stadt an, und der Begriff „Rus in Urbe“ – übersetzt „Land in der Stadt“ – wird auch heute noch verwendet. Um den Urbanisierungsboom in der Mitte des 20. Jahrhunderts einzudämmen, wurden in vielen europäischen Grossstädten Grüngürtel angelegt, um die sie umgebende Natur buchstäblich zu umzäunen und so die Luftqualität und den Zugang zur Natur in der Stadt zu verbessern.


Schon die Römer legten im Herzen der Stadt ausgedehnte Parks an


Die Stadt nach der Pandemie ist jedoch eine neue Art von Ballungsraum, und diese Stadtparks und Grüngürtel reichen nicht mehr aus. Während wir auf der Suche nach grüneren, gesünderen Gefilden abwandern, entwickeln sich die Städte, die wir verlassen, weiter. Auch sie können grün sein, indem sie weniger genutzte Flächen von Strassen und Gebäuden gegen natürliche Grünflächen und Parks austauschen. Diese vier Projekte aus ganz Europa verwandeln ungenutzte städtische Flächen wieder in natürliche und regenerative grüne Umgebungen, die sie einst waren.

Der Bahnhofsvorplatz von Zwolle verfügt über einen unterirdischen Fahrradparkplatz, in dem Anwohner:innen ihre Fahrräder abstellen können, während gleichzeitig die Begrünung über der Oberfläche verbessert wird. Fotos: Aiste Rakauskaite

Urban rewilding: der Kampf um die Rückeroberung von Grünflächen | Aktuelles

Der Bahnhofsvorplatz von Zwolle verfügt über einen unterirdischen Fahrradparkplatz, in dem Anwohner:innen ihre Fahrräder abstellen können, während gleichzeitig die Begrünung über der Oberfläche verbessert wird. Fotos: Aiste Rakauskaite

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Bahnhofsvorplatz in Zwolle, Niederlande, von PosadMaxwan

Statistisch gesehen gibt mehr als ein Drittel aller Niederländer:innen das Fahrrad als Hauptverkehrsmittel an. Angesichts der steigenden Kraftstoffpreise und des zunehmenden Umweltbewusstseins ist zu erwarten, dass diese Zahl noch weiter steigen wird. Die Stadtplaner:innen in der fahrradbegeisterten Stadt Zwolle fragten sich, wie sie all diese Menschen unterbringen könnten, ohne das Stadtzentrum mit einem neuen mehrstöckigen Fahrradpark in eine „Wärmeinsel“ zu verwandeln.

Anstatt ein schweres oberirdisches Bauwerk zu errichten, entschied sich das mit dem Projekt beauftragte Stadtplanungsbüro PosadMaxwan dafür, eine solche Anlage unter einem einladenden Bahnhofseingang zu errichten, durch den man hindurchgehen kann. „Die Begrünung des Bahnhofsplatzes wurde auf das Parkhaus ausgedehnt“, erklären die Stadtplaner:innen, und „die Radfahrer:innen werden durch einen abfallenden grünen Garten mit Pflanzen, die sich im Laufe der Jahreszeiten verändern, die Rampen hinuntergeführt.“ Die oberirdischen Pflanzkübel dienen derweil dazu, Radfahrer:innen und Fussgänger:innen zwischen dem Bahnhof, dem Fahrradparkhaus und den ankommenden Routen zu leiten.

Die Belvedere-Treppe verbindet das Dach des städtischen Bauernhofs der Dunois-Schule mit einem anderen Dach eines benachbarten Gebäudes und verbessert so den sicheren Zugang zur urbanen Farm. Fotos: Antoine Sequin

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Die Belvedere-Treppe verbindet das Dach des städtischen Bauernhofs der Dunois-Schule mit einem anderen Dach eines benachbarten Gebäudes und verbessert so den sicheren Zugang zur urbanen Farm. Fotos: Antoine Sequin

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Belvedere-Treppe in Paris, Frankreich, von Bertrand Taquet Architectes

Neue mehrstöckige Gebäude können zwar unterirdisch gebaut werden, ohne die oberirdische Umgebung zu beeinträchtigen. Aber was ist, wenn sie bereits gebaut sind? Die Dunois-Schule in Paris ist „treppenförmig angelegt, wobei jede Ebene von der darunter liegenden zurückgesetzt ist“, erklären Bertrand Taquet Architectes, die Architekt:innen der Belvedere-Treppe, die die beiden Dächer der Schule miteinander verbindet. Dadurch wird erreicht, dass die Gebäude über mehr Dachfläche verfügen als andere von gleicher Grösse.


Die architektonische Anordnung der Platten ermöglicht es, eine urbane Farm auf dem Dach der Schule anzusiedeln


Die architektonische Anordnung der Platten ermöglicht es, eine urbane Farm auf dem Dach der Schule anzusiedeln, zusätzlich zu den bewachsenen Fassaden an den Seiten. Die Umwandlung von Dächern wie diesen in Grünflächen ist eine einfache Möglichkeit, die bebauten Gebiete einer Stadt wieder zu beleben und die darunter liegenden Gebäude zu erhalten. Indem die Belvedere-Treppe das Hauptdach mit dem darunter liegenden Dach verbindet, erweitert sie den Zugang zu beiden Flächen und macht es möglich, dass die städtische Farm erweitert werden kann und mehr Platz zum Wachsen und Lernen schafft.

Die verkehrsreiche Kreuzung des Five Corners Square in Warschau, Polen, wird durch einen barrierefreien, gepflasterten öffentlichen Raum für Fussgänger:innen attraktiver. Fotos: Bartek Barczyk

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Die verkehrsreiche Kreuzung des Five Corners Square in Warschau, Polen, wird durch einen barrierefreien, gepflasterten öffentlichen Raum für Fussgänger:innen attraktiver. Fotos: Bartek Barczyk

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Five Corners Square in Warschau, Polen, von WXCA

Mit der zunehmenden Nutzung des Fahrrads und der öffentlichen Verkehrsmittel tauschen viele Städte ihre Strassen und Kreuzungen gegen Fussgängerzonen und Plätze aus. Ein solches Beispiel ist der Five Corners Square in Warschau, wo die Stadt die Nutzung der Strasse auf öffentliche Verkehrsmittel, Anwohner:innen und Notfallteams beschränkt hat. Durch die Verengung der Strassen haben die Projektarchitekt:innen von WXCA den Verkehr durch öffentlichen Raum ersetzt. „Wir wollten diesen Teil der Stadt den Anwohner:innen überlassen“, erklären sie.

Mit grossformatigen Pflastersteinen, die die umliegenden Fassaden ergänzen, Ahornbäumen mit Wurzelmassensicherungssystemen und sparsam platzierten Sitzgelegenheiten aus Eichenholz halten WXCA den Platz absichtlich karg, wodurch er im Laufe der Zeit einen individuellen Charakter entwickeln kann. Wenn man die Bäume wachsen lässt und den umliegenden Cafés und Bars Raum für eigene Aussenbestuhlung gibt, entsteht ein lebendiger Platz. „Wir wollten nicht, dass der Platz nur als Durchgangsstätte fungiert – wir haben ihn als Rahmen für das städtische Leben entworfen.“

Der Städtische Friedhof von Montpellier bietet Trauernden einen friedlichen und respektvollen Rahmen für ihr Gedenken. Gleichzeitig zollen seine klaren, modernen Linien und die Betonpalette dem Leben Tribut. Fotos: Marie-Caroline LUCAT

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Der Städtische Friedhof von Montpellier bietet Trauernden einen friedlichen und respektvollen Rahmen für ihr Gedenken. Gleichzeitig zollen seine klaren, modernen Linien und die Betonpalette dem Leben Tribut. Fotos: Marie-Caroline LUCAT

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Städtischer Friedhof in Montpellier, Frankreich, von Agence Traverses – Paysage, Urbanisme, Architecture

Wohin gehen wir, wenn wir sterben? Im spirituellen Sinne bleibt eines der grossen Rätsel der Existenz unbeantwortet. Im wörtlichen Sinne ist die Antwort jedoch oft nicht viel klarer. Angesichts der Tatsache, dass Grünflächen schnell durch Bauarbeiten verbraucht oder für die Freizeitnutzung aufgeräumt werden, bleibt nicht viel für moderne, respektvolle Bestattungsplätze übrig. Der traditionelle Friedhof ist eine räumliche Anomalie der Typologie. Obwohl sie oft mit Grün und Natur gefüllt sind, können ihre Assoziation und die Forderung nach einer respektvollen Privatsphäre zu einer unwillkommenen, gar unfreundlichen Atmosphäre führen.


Eine morbide Assoziation und die Forderung nach Privatsphäre können Friedhöfen eine unfreundliche Atmosphäre verleihen


Der städtische Friedhof von Montpellier ist anders: „Er wird wie ein öffentlicher Landschaftspark behandelt“, so die Architekt:innen von Agence Traverses – Paysage, Urbanisme. Mit den klaren Linien und kreativen Kompositionen moderner Architektur und im Dialog mit der natürlichen Topografie des Geländes wird eine friedliche Gedenklandschaft geschaffen, die respektvoll gestaltet ist. Wie die Architekt:innen erklären, „sprechen Himmel und Erde durch Wege, Einrahmungen und Öffnungen miteinander, die sich in einer Gemeinschaft materialisieren“, wobei die begleitenden Strukturen aus glattem, aber rohem Beton bestehen und die Beziehung des Ortes zur Erde zum Ausdruck bringen.

© Architonic

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