Gut vernetzte und pflegeleichte zentrale Innenhöfe sind die generationsübergreifenden Grünflächen, die das Herzstück dieser sozialen Wohnungsbauprojekte bilden und Gemeinschaften zusammenführen.

Die Sunflower Houses in Wien kleiden sich an ihren Südseiten in gelbe Keramikfliesen und richten ein Netz von begleitenden wildgrünen Höfen ebenfalls zur Sonne aus. Foto: Kurt Hoerbst

Sozialwohnungen, die sich um zentrale Innenhöfe gruppieren | Aktuelles

Die Sunflower Houses in Wien kleiden sich an ihren Südseiten in gelbe Keramikfliesen und richten ein Netz von begleitenden wildgrünen Höfen ebenfalls zur Sonne aus. Foto: Kurt Hoerbst

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Dem sozialen Wohnungsbau haftet zu Unrecht ein gewisses Stigma an. Obwohl viele Projekte mit glänzenden Fotoshootings zum Durchschneiden der Eröffnungsschleife gut beginnen, ziehen die Kameras weiter und die Investitionen versiegen, und die Instandhaltung wird reduziert. In der Folge fehlt es an geeigneten Grünflächen, weil die Instandhaltung zu gering ist, und das Ergebnis sind vergessene, isolierte Gemeinden, die schliesslich in die Ghettoisierung abrutschen.


Nach oben statt nach aussen zu bauen bietet einen vernünftigen Weg aus der aktuellen Wohnungs- und Sozialkrise


Hochhausarchitektur des sozialen Wohnungsbaus ist zwar leicht zu tadeln, aber sie ist nicht die Ursache des Problems, sondern kann Teil der Lösung sein. Nach oben statt nach aussen zu bauen bietet immer noch einen vernünftigen Weg aus der aktuellen Wohnungs- und Sozialkrise – die gemeinsame Nutzung von Raum und Ressourcen. Und wie diese vier Projekte aus ganz Europa zeigen, trägt die Integration von Sozialwohnungen um zugängliche Innenhöfe mit nachhaltigen Grünflächen dazu bei, Gemeinschaften zusammenzubringen und zusammenzuhalten.

Innen- und Aussenhöfe sorgen in den gut belüfteten 159 Sozialwohnungen für eine kühle Atempause in der Hitze Madrids. Foto: Imagen Subliminal (Miguel de Guzmán + Rocío Romero)

Sozialwohnungen, die sich um zentrale Innenhöfe gruppieren | Aktuelles

Innen- und Aussenhöfe sorgen in den gut belüfteten 159 Sozialwohnungen für eine kühle Atempause in der Hitze Madrids. Foto: Imagen Subliminal (Miguel de Guzmán + Rocío Romero)

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159 Sozialwohnungen in Madrid, Spanien, von TAAs arquitectos, Javier + Alia García Germán

Das Architekturbüro TAAs arquitectos, Javier + Alia García Germán hat sich dafür entschieden, die 159 Sozialwohnungen in einem städtischen Umfeld am Stadtrand von Madrid, Spanien, in zwei eckige Formen aufzuteilen, die jeweils zwei kleinere Innenhöfe in der Tasche bilden. In einem Expansionsgebiet befinden sich die Gebäude in der Nähe von städtischen Hohlräumen an einem nach Süden ausgerichteten Hang, was zu einer ausgeprägten Wärmeentwicklung führte, die die Aufmerksamkeit der Architekt:innen erforderte.

„Die tiefen Gebäude werden durch ein öffentliches Netz von windgeschützten Innenhöfen, Korridoren und sozialen Kondensatoren belichtet und belüftet, die mit den Plätzen verbunden sind und in denen der grösste Teil der sozialen Interaktion stattfinden wird“, erläutern die Architekt:innen Javier und Alia García Germán von TAAS die strukturelle Anordnung des Projekts, die „so konzipiert wurde, dass sie die nächtlichen kühlen Winde aus dem Nordwesten Madrids aufnimmt, die jedes Gebäude abkühlen können.“

Leicht zu pflegende Wildblumengärten verbinden sich in den Sunflower Houses mit nahe gelegenen öffentlichen Räumen wie Spielplätzen, Wegen und Gemeinschaftsgärten. Foto: Kurt Hoerbst

Sozialwohnungen, die sich um zentrale Innenhöfe gruppieren | Aktuelles

Leicht zu pflegende Wildblumengärten verbinden sich in den Sunflower Houses mit nahe gelegenen öffentlichen Räumen wie Spielplätzen, Wegen und Gemeinschaftsgärten. Foto: Kurt Hoerbst

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The Sunflower Houses in Wien, Österreich, von Arenas Basabe Palacios + Buschina & Partner

Bequeme und zugängliche Grünflächen sind ein grosses Plus in einer Wohnsiedlung, in der es keine privaten Gärten gibt. So freundlich und einladend sie im ersten Sommer auch erscheinen mögen, nach ein paar Jahren der unvermeidlichen Vernachlässigung durch die lokale Verwaltung lässt der Glanz nach.


„wilde/natürliche Freiräume zwischen den Gebäuden stärken die Fussgängerverbindungen und die Kontinuität der lokalen Flora und Fauna“


Die Sunflower Houses bestehen aus 83 Wohnblöcken unterschiedlicher Grösse, wobei jeder Block um seine eigene, kleinere und überschaubarere „Allemende“ herum angeordnet ist. Die Projektarchitekten Arenas Basabe Palacios und Buschina & Partner beschreiben die charakteristischen Grünzonen als „wilde/natürliche Freiräume zwischen den Gebäuden, die die Fussgängerverbindungen und die Kontinuität der lokalen Flora und Fauna stärken, pflegeleicht sind und sich flexibel an die Bedürfnisse der Bewohner anpassen lassen“ und sowohl kurz- als auch langfristig der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Bewohner:innen dienen.

Der zentrale Innenhof von 85 Social Dwellings (oben) kann von den öffentlichen (Mitte) und privaten (unten) Terrassen aus eingesehen werden, was sowohl den visuellen Kontakt als auch die verbale Kommunikation in der Siedlung fördert

Sozialwohnungen, die sich um zentrale Innenhöfe gruppieren | Aktuelles

Der zentrale Innenhof von 85 Social Dwellings (oben) kann von den öffentlichen (Mitte) und privaten (unten) Terrassen aus eingesehen werden, was sowohl den visuellen Kontakt als auch die verbale Kommunikation in der Siedlung fördert

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85 Social Dwellings in Cornellà de Llobregat, Spanien, von Peris+Toral.arquitectes

Gepflegte und gut bevölkerte gemeinschaftliche Aussenbereiche sind ein Highlight der Marketingkampagnen für öffentliche Gebäude, mit digitalen Attrappen, die alle Alters- und Personengruppen zeigen. In der Realität jedoch bleiben diese idyllischen Räume oft ungenutzt und unbeachtet, da Bewohner:innen mit ihrem Leben beschäftigt sind, und die Entwicklung der Gemeinschaft ist schwierig, wenn die Menschen nicht interagieren.

„Anstatt jeden der Gebäudeflure direkt und unabhängig von der Aussenfassade zu betreten“, erklären die Projektarchitekt:innen Peris+Toral.arquitectes ihr Projekt 85 Social Dwellings, „befinden sich die vier Kommunikationsschächte in den vier Ecken des Innenhofs, so dass alle Bewohner:innen zusammenkommen und sich auf dem Hofplatz treffen.“ Diese Innenhofeingänge sorgen für nahezu ständige Bewegung im Gemeinschaftsraum – und damit für mehr Gelegenheiten zu freundschaftlichen Zufallsbegegnungen, während ein innerer Ring privater Terrassen die Bewohner:innen mit den Bewohner:innen des darunter liegenden Hofes verbindet.

Der grüne Innenhof zwischen den beiden Gebäuden der Street and Garden Apartments sorgt dafür, dass jede Wohnung sowohl eine Vorder- als auch eine Rückfassade hat, so dass an beiden Enden natürliches Licht einfällt. Foto: Luc Boegly

Sozialwohnungen, die sich um zentrale Innenhöfe gruppieren | Aktuelles

Der grüne Innenhof zwischen den beiden Gebäuden der Street and Garden Apartments sorgt dafür, dass jede Wohnung sowohl eine Vorder- als auch eine Rückfassade hat, so dass an beiden Enden natürliches Licht einfällt. Foto: Luc Boegly

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Street and Garden Apartments in Paris, Frankreich, von rh+ architecture

Einen Innenhof in eine Wohnsiedlung einzubauen, ist einfach, wenn genügend Platz vorhanden ist, um das Grundstück zu umrunden und in der Mitte noch Platz zu lassen. Bei einem Grundstück, das sich nicht nur im Zentrum einer der am stärksten verstädterten Städte Europas, sondern auch inmitten einer belebten Reihenhausstrasse befindet, ist dies jedoch nicht so einfach.


Durch die Teilung der Siedlung in zwei Hälften konnten die Architekt:innen einen Gartenraum dazwischen einfügen


Das 9 m breite Grundstück der Street and Garden Apartments von rh+ architecture in Paris, Frankreich, stellte für die Architekt:innen eine Herausforderung dar, aber durch die Teilung der Siedlung in zwei Hälften konnten sie einen gemeinsamen Gartenraum dazwischen einfügen. „Die Konstruktion von zwei durch Gärten getrennten Gebäuden war die beste Lösung in Bezug auf Belüftung, Flächennutzung und Ausblicke“, erklären die Architekt:innen, denn „die meisten Wohnungen haben zwei gegenüberliegende Fassaden und einen Balkon oder eine Terrasse.“

© Architonic

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