Dank kinetischer architektonischer Elemente ist die Arbeit des polnischen Büros KWK Promes immer in Bewegung.

Quadrant House 2018, Katowice, Polen Foto: Jaroslaw Syrek

Statisch war gestern: die bewegliche Architektur von KWK Promes | Aktuelles

Quadrant House 2018, Katowice, Polen Foto: Jaroslaw Syrek

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In den letzten zehn Jahren sind Entwürfe mit beweglichen Elementen zu einem Markenzeichen des polnischen Architekten Robert Konieczny geworden, dem Gründer und Leiter des Kattowitzer Büros KWK Promes, eines der international renommiertesten Architekturbüros des Landes.

Die "bewegliche Architektur" ist niemals reines Gimmick, sondern erfüllt immer einen Zweck und bietet kreative, anpassungsfähige Gebäudekonstruktionslösungen. Über ihre nutzbringende Funktion hinaus geben die mobilen Mechanismen Gebäuden die Möglichkeit, sich sowohl grundlegend zu verändern als auch nahtlos in ihre Umgebung zu integrieren, was zu einem tiefen Dialog zwischen Struktur und Ort führt.

Architonic sprach mit Robert Konieczny über seine Baupraxis und einige seiner Projekte.

Safe House Fotos: Olo Studio

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Safe House Fotos: Olo Studio

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Sie haben das Safe House (2009) als Ausgangspunkt für Ihre aktuelle Arbeitspraxis bezeichnet. Gab es in den letzten zehn Jahren bedeutende technologische Entwicklungen, die die Realisierung Ihrer beweglichen Architekturprojekte erleichtert haben?

Das Safe House stand am Anfang unserer Reihe beweglicher Projekte, in deren Verlauf wir die Idee von Gebäuden entwickelt haben, die offener für ihre Umgebung sind und gleichzeitig absolut klare Formen beibehalten. Wir suchten nach technischen Lösungen für unsere Fragen: Wie realisiert man zwanzig Meter lange Schiebewände oder macht ein hohes und breites Rollo für das ganze Haus? Wir mussten eigene Prototypen entwickeln und gingen eine Partnerschaft mit einem Unternehmen ein, das für die Luftfahrtindustrie, für die NATO und sogar für die NASA arbeitet. Ich möchte zum Beispiel die Plato Gallery in Ostrava erwähnen, die ein innovativer Ausstellungsraum wird, der durch die Öffnung seiner Wände mit der Stadt interagiert.

Aber Technologie inspiriert mich nicht und ich verfolge die Entwicklungen auch nicht sehr aufmerksam, sonst würde ich mich auf Lösungen konzentrieren, die auf dem Markt erhältlich sind. Das würde mich einschränken. Meine Aufgabe ist es, neue Dinge zu erfinden, manchmal nicht einmal zu wissen, ob ich die richtige Technologie für sie finden werde. Aufgrund meiner Erfahrung und Intuition wähle ich jedoch Lösungen, die normalerweise realistisch zu bauen sind, und manchmal verwandeln sich Prototypen mit der Zeit in systematische Lösungen.

Sie beschreiben "moving architecture" als die Fähigkeit, den Ausdruck einer Struktur zu verändern und sie an veränderte Bedingungen anzupassen. Im Quadrantenhaus findet dies buchstäblich mit einem Flügel statt, der sich je nach Bewegung der Sonne dreht. Wie wirkt sich bewegte Architektur Ihrer Ansicht nach auf die Menschen aus, die in Ihren Entwürfen wohnen oder sie erleben?

In einem normalen statischen Gebäude bestimmt der Architekt die endgültige Form und Funktionsweise – der Nutzer muss sich anpassen, und alle Änderungen bedürfen der Neugestaltung, sind schwer durchführbar und teuer. In einem Gebäude mit beweglichen Elementen hat der Nutzer mehr Möglichkeiten – er kann den Raum verändern und ihn so an seine Erwartungen oder an die jeweiligen Umweltbedingungen anpassen. Es ist der Bewohner, der durch die Kontrolle der Wände im Safe House die Form des Gebäudes und seiner Umgebung verändert.

In der bewegten Architektur verlagert sich der Fokus vom Architekten auf den Bewohner. Der Nutzer wird immer wichtiger, denn er ist es, der über die Gebäudeleistung zu einem bestimmten Zeitpunkt entscheidet. Das Gebäude selbst kann besser auf die Veränderlichkeit des Lebens, die Jahreszeiten oder den Tag-Nacht-Zyklus reagieren.

Quadrant House Fotos: Juliusz Sokolowski (1,3), Olo Studio (2)

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Quadrant House Fotos: Juliusz Sokolowski (1,3), Olo Studio (2)

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Ihre Entwürfe – zum Beispiel "Konieczny's Ark", das "By the way House" und sogar Ihr jüngstes Unikato-Projekt – beweisen einen sensiblen Umgang mit dem Kontext und bestechen zugleich durch eine starke visuelle Wirkung. Wie erhält man die Spannung zwischen diesen beiden Bestrebungen?

Mein Bestreben ist es immer, eine reine Idee zu finden, die die Antwort auf alle Probleme, Themen und Herausforderungen des Projekts ist. Das scheint einfach, ist aber extrem schwierig. Aber wenn so eine Idee auftaucht, beginnt das Projekt, sich von selbst herauszubilden. Natürlich liegt der finalen Wirkung ein sehr langer Weg zugrunde, während dem am Projekt gefeilt und Unnötiges eliminiert wird. In jeder Phase sind viele Hindernisse zu überwinden, auch in der Bauphase.

By the Way House (oben), Unikato (unten) Fotos: Jaroslaw Syrek

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By the Way House (oben), Unikato (unten) Fotos: Jaroslaw Syrek

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In einem aktuellen Vortrag begleitend zu Ihrer Ausstellung in der Architektur Galerie Berlin haben Sie gesagt, dass Sie sich mit "der Schaffung globaler Architektur mit polnischen Traditionen" beschäftigen. Können Sie mehr dazu sagen?

Das hat Philip Jodidio gesagt. Er meinte, dass wir uns bei Projekten von unserem Hinterhof inspirieren lassen, und dabei entstehen Gebäude, die ausserhalb Polens auf mehr Resonanz stossen – weltweit.

Ich wollte nie das nachahmen, was andere auf der Welt tun, sondern mein eigenes Ding machen. Ich habe mir sogar einen Leitspruch für mich überlegt, nämlich dass ich mit der ganzen Welt konkurrieren möchte, auch wenn diese Welt nichts davon weiss. Mir war klar, dass ich nur mit der Qualität meiner Ideen gewinnen konnte. Denn wenn man auf ein Konzept setzt, ist man kein Sklave von Moden, lokalen Mustern oder formalen Gewohnheiten. Die Idee hat oftmals eine überraschende und neuartige Wirkung.

Konieczny's Ark Fotos: Olo Studio (1), Jakub Certowicz (2)

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Konieczny's Ark Fotos: Olo Studio (1), Jakub Certowicz (2)

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Was wäre Ihr Traumprojekt?

Ich habe immer davon geträumt, etwas Sensationelles an einem sehr berühmten Ort zu tun. Aber als wir das kleine Museum "Centrum Dialogu Przełomy" in Stettin bauten, gewann es kurz nach seiner Fertigstellung beim World Architecture Festival in Berlin den Preis als bester öffentlicher Raum Europas und den Preis als weltbestes Gebäude des Jahres. Da wurde mir klar, dass ein gutes Gebäude den Ort berühmt macht.

Aber mein Traum ist es grundsätzlich, Projekte zu schaffen, in denen man nicht nur eine starke, sondern auch eine universelle Idee hat, die andere Architekten später nutzen und weiterentwickeln können. Ein Beispiel ist unser "Living Garden House" oder das "Autofamily House".

Dialogue Center "Przełomy" Museum Fotos: Juliusz Sokolowski

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Dialogue Center "Przełomy" Museum Fotos: Juliusz Sokolowski

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