Nachdem Menu im Laufe der Jahre seinen Accessoires durch Kooperationen mit diversen klangvollen Vertretern der internationalen Designszene einen festen Platz im Premium-Segment gesichert hat, beweist sich der dänische High-End-Hersteller mit seiner Kollektion „Modernism Reimagined“ nun auch im Beleuchtungs- und Möbelsegment als ein ernst zu nehmender Mitspieler.

Das Godot 01 Sofa (oben) vom Kopenhagener Duo Iskos–Berlin veranschaulicht den „sanften Minimalismus“ von Menu. Die On The Edge Leuchte (oben) von Norm Architects spendet indirektes Licht als Hänge-, Steh- oder Schreibtischleuchte

Modern Talking | Aktuelles

Das Godot 01 Sofa (oben) vom Kopenhagener Duo Iskos–Berlin veranschaulicht den „sanften Minimalismus“ von Menu. Die On The Edge Leuchte (oben) von Norm Architects spendet indirektes Licht als Hänge-, Steh- oder Schreibtischleuchte

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Das skandinavische Design-Unternehmen Menu hat in den vergangenen fünf Jahren immer mehr von sich reden gemacht und sich nach und nach von einem Hersteller für Küchenaccessoires zu einer international geschätzten Lifestyle-Marke entwickelt, die mittlerweile auch Bereiche wie Beleuchtung, Sitzmöbel und Regalsysteme abdeckt.

Eine der treibenden Kräfte hinter dieser Expansion und Neuorientierung ist der Kreativdirektor Jonas Bjerre-Poulsen, Mitbegründer von Norm Architects und Anhänger der Philosophie, die design eher als Evolution, statt als Revolution betrachtet. Mit der Kollektion „Modernism Reimagined“ soll, wie der Name vermuten lässt, den zentralen Grundsätzen des Modernismus gehuldigt werden. Gleichzeitig soll aber auch die Essenz dessen eingefangen werden, was Bjerre-Poulsen mit dem Begriff „Soft Minimalism“ umschreibt.

Der von einem französischen Mid-Century-Industriestuhl inspirierte Esstischstuhl Afteroom (oben) hier zu sehen mit dem Snaregade Tisch, Cube Kerzenständer und GM 30 Pendelleuchte im Flughafenterminal von Vilhem Lauritzen aus dem Jahr 1939

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Der von einem französischen Mid-Century-Industriestuhl inspirierte Esstischstuhl Afteroom (oben) hier zu sehen mit dem Snaregade Tisch, Cube Kerzenständer und GM 30 Pendelleuchte im Flughafenterminal von Vilhem Lauritzen aus dem Jahr 1939

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„So nennen wir innerhalb von Menu das, was dereinst als Ausdruck skandinavischer Ästhetik begann, sich heute aber zu einer universellen Formensprache entwickelt hat“, erklärt er. „Der Modernismus Mitteleuropas verwandelte sich in Skandinavien in den Funktionalismus, der im Laufe der Zeit organischere Züge und sanftere Konturen erhielt. Denken Sie beispielsweise an Alvar Aalto oder Arne Jacobsen – bei diesen fehlt das Kastige eines Mies van der Rohe. Durch ihre grössere Verbundenheit mit der Natur gibt es bei den Skandinaviern ausgeprägte volkstümliche und handwerkliche Traditionen. Infolgedessen entstand durch die Fusion des industriellen Stils aus Deutschland mit dem rustikalen, bäuerlichen Erbe Skandinaviens eine ganz spezielle Ausdrucksform.“

Jonas Bjerre-Poulsen hat im Einklang mit den Grundwerten des Modernismus ein Manifest für Menu geschrieben. Ein wertvolles Instrument, wie sich gezeigt hat, als es dem Unternehmen trotz seiner urskandinavischen Wurzeln gelang, auf dem globalen Markt Fuss zu fassen und Produkte aus der Feder von vierzig Designern aus so unterschiedlichen Weltregionen wie Taipei, Portugal und Los Angeles in Auftrag zu geben. „Der ,Soft Minimalism‘ ist nicht mehr regional begrenzt. Wir finden unsere Designer über Soziale Medien, in Zeitschriften und durch die Zusammenarbeit mit Stylisten und Fotografen, die unseren sehr speziellen Ansatz in Bezug auf Design und Architektur kennen“, so der Kreativdirektor.

Die Tied Hängeleuchte des amerikanisch-japanischen Designteams WRK-SHP besticht durch ihren klaren Nutzungsfaktor. Sie vereint reduzierte japanisch/skandinavische Ästhetik mit einer Aufhängung, die an amerikanische Industrieproduktion denken lässt

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Die Tied Hängeleuchte des amerikanisch-japanischen Designteams WRK-SHP besticht durch ihren klaren Nutzungsfaktor. Sie vereint reduzierte japanisch/skandinavische Ästhetik mit einer Aufhängung, die an amerikanische Industrieproduktion denken lässt

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Wie also muss man sich das vorstellen? Die Menu-Kollektion präsentiert sich mit zurückgenommenen, sanft konturierten geometrischen Formen in einer unaufdringlichen aber raffinierten Farbpalette. Zudem spiegelt sich der modernistische Imperativ „form follows function“ in ihr. Zu den Aushängeschildern, die diese Philosophie auf den Punkt bringen, gehört unter anderem die vielseitige Lampe „On the Edge“ des Designduos NoiDoi. Die keramische Form ist auf das Wesentliche, auf pure Zweckmässigkeit reduziert. Die charakteristischen, den konischen Zylinder begrenzenden Flächen, die an einen Brillantschliff erinnern, unterstützen die dreifache Funktion der Lampe: Man kann sie am Kabel als Pendelleuchte aufhängen, als Schreibtischlampe einsetzen oder als atmosphärischen Raumstrahler verwenden. „Strikt minimalistisch, aber originell genug, um sich gegen die Masse abzusetzen“, meint Bjerre-Poulsen.

Dem Regal Stick System (oben) steht seine Konstruktion gut. Das röhrenförmige Gerüst erinnert an das funktionale Industriedesign des Bauhaus. Der Norm Tumbler Wecker (unten) ist so beschwert, dass sein Ziffernblatt nach oben zeigt

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Dem Regal Stick System (oben) steht seine Konstruktion gut. Das röhrenförmige Gerüst erinnert an das funktionale Industriedesign des Bauhaus. Der Norm Tumbler Wecker (unten) ist so beschwert, dass sein Ziffernblatt nach oben zeigt

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Mit dem verspielten Wecker „Tumbler“ hingegen reagierten Norm Architects auf die sich verändernden Anforderungen des Marktes, der sich als Gegenbewegung zur allgegenwärtigen Smartphonisierung auf langsamere, einfachere Methoden der Zeitverwaltung rückbesann. „Dabei geht es um die Interaktion zwischen dem menschlichen Körper und der Technologie des Zeitmessers. Das iPhone als Uhr auf den Nachttisch zu legen, birgt gesundheitliche Nachteile, also haben wir den Wecker neu interpretiert.“ Wenn der neben dem Bett mit dem Zifferblatt nach oben platzierte Wecker klingelt, braucht man ihn nur kurz zu schütteln, um die Snooze-Funktion zu aktivieren. Will man ihn ganz ausschalten, stellt man ihn einfach aufs Zifferblatt. Ganz offensichtlich ist dies eines von Jonas Bjerre-Poulsens Lieblingsstücken, da es alle Menu-Kriterien erfüllt. „Wir streben immer danach, etwas Neues zu präsentieren, sei es eine Idee, ein Herstellungsverfahren, eine Funktion oder eine neue Materialkombination. Auf diese Weise versuchen wir, jedes Mal ein noch nie dagewesenes Produkt auf den Markt zu bringen, statt lediglich Altes wiederzukäuen – was uns zwar nicht immer gelingt, aber doch dann und wann.“

Allerdings liegt der Schwerpunkt nicht immer lediglich auf der Funktion. Manche Stücke entstehen als Hommage an bestimmte Meister ihres Fachs, wie zum Beispiel der „Lounge Chair“ des in Stockholm ansässigen, taiwanesischen Designduos Afteroom: Mit seinen Stahlrohren und der lederbespannten Sitz- und Rückenfläche erweist er sowohl Breuers Wassily-Stuhl als auch den Bugholzstühlen von Thonet seine Referenz. Bjerre-Poulsen: „Durch den Verweis auf diese beiden archetypischen Stühle entsteht eine Art Hybrid aber gleichzeitig auch etwas Neues, Einzigartiges und auf ganz individuelle Weise Ikonenhaftes.“

Die Leuchte Stone von Norm Architects repräsentiert das dänische Konzept von „Hygge“. Dafür sorgen die Keramikbasis, auf der eine mundgeblasene Haube ruht, die die Lampe zu erkennen gibt und ein Leuchten erzeugt, dass an Kerzenlicht erinnert

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Die Leuchte Stone von Norm Architects repräsentiert das dänische Konzept von „Hygge“. Dafür sorgen die Keramikbasis, auf der eine mundgeblasene Haube ruht, die die Lampe zu erkennen gibt und ein Leuchten erzeugt, dass an Kerzenlicht erinnert

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Andere Designs veranschaulichen die von Adolf Loos vertretene Abkehr von allem Ornamentalen in Perfektion: Bar jeden Schmucks demonstrieren sie ausschliesslich die dem natürlichen Material innewohnenden Eigenschaften. Besonders hervorzuheben ist hier die exquisite „Marble Wall Clock“, die in verschiedenen Marmorarten erhältlich ist und der in unterschiedlichen Höhen ausgeführte Kerzenständer „Antipode“ aus gebürstetem oder poliertem Messing von Carsten Gollnick , der gruppiert ein seerosenartiges Tischbild erzeugt. „Mit der Zeit entwickeln die Kerzenständer eine schöne Patina. Wir lassen die Materialien gerne für sich selbst sprechen, statt sie in Grund und Boden zu designen.“

Das Beeindruckende an dieser Menu-Kollektion ist, wie all diese Elemente ein holistisches Ganzes bilden. „Modernism Reimagined“ eröffnet einen Einblick in eine kraftvolle Vision (von Bjerre-Poulsen „Universum“ genannt), poetisch verstärkt durch die zurückhaltenden Farbtöne und eine an das Bauhaus erinnernde Ästhetik in Styling und Fotografie. Die Kollektion wurde in Kopenhagen abgelichtet, in dem 1939 von Vilhelm Lauritzen errichteten, mittlerweile stillgelegten Flughafengebäude. Selbst ein modernistisches Meisterstück (1999 wurde es abgebaut und nach Maglebylille verfrachtet, wo es als Museum fungiert), bietet es einen faszinierenden Hintergrund für die Menu-Objekte. Dabei legte das Unternehmen Wert darauf, die für die Bauhaus-Fotografie typischen harten Schatten und geometrischen Formen ausgewogen zu präsentieren und verwendete deshalb bewusst eine wohlüberlegte Mischung aus Natur- und Kunstlicht.

Der von den 1930ern inspirierte Harrison Kronleuchter von Søren Rose referiert auf den gleichen form-follows-fuction-Ansatz wie der Afteroom Lounge Chair, eine Mischung aus dem Wassily Stuhl von Breuer und dem klassischen Bugholzstuhl von Thonet

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Der von den 1930ern inspirierte Harrison Kronleuchter von Søren Rose referiert auf den gleichen form-follows-fuction-Ansatz wie der Afteroom Lounge Chair, eine Mischung aus dem Wassily Stuhl von Breuer und dem klassischen Bugholzstuhl von Thonet

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Wie Jonas Bjerre-Poulsen erläutert: „Lange Zeit haben skandinavische Marken bei ihren Shootings ausschliesslich Naturlicht eingesetzt, was den Fotos einen weichen, stimmungsvollen, ins Feminine tendierenden Touch verlieh. Doch bei den skandinavischen Modernisten vermischten sich diese weichen Töne mit den härteren des maskulinen deutschen Stils, was wir mit der Ausleuchtung unserer Fotos einfangen wollten.“ Der Katalog ist ein gelungenes Beispiel eines Brückenschlags zwischen Gestern und Heute: eine Referenz an modernistische Prinzipien mit zeitgenössischen Mitteln. So ermöglicht uns Menu, den Modernismus in einem völlig neuen Licht zu sehen.

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