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“Gefällt Ihnen, was Sie sehen?” – Jan Parth, Projektleiter des neuesten Kulturprojekts von David Chipperfield Architects, spricht über die sanfte Stärke rauer Fassaden.

Zürich hat einen neuen Akteur auf seiner Kulturbühne: David Chipperfield Architects haben das Kunsthaus der Stadt um einen nicht zusammenhängenden Anbau erweitert und es damit zum größten Kunstmuseum der Schweiz gemacht.

Wenn – wie Projektleiter Jan Parth, verantwortlich für die Realisierung vor Ort, sagt – "Fassaden Distanz schaffen oder eine Einladung aussprechen können", dann wird hier Letzteres in jedem Fall groß geschrieben. Überwiegend aus Schweizer Kalkstein gebaut und mit einem gerüstartigen Ausdruck in der formalen Gliederung, macht die Gebäudehülle exakt das, was Fassaden laut Parth am besten können. Nämlich Ideen kommunizieren und Informationen vermitteln – aber auch Emotionen erzeugen.

Kann man sagen, dass die neue Erweiterung des Kunsthaus Zürich schon vor dem Betreten des Gebäudes als eines von Chipperfield erkennbar ist?
Unsere Motivation im Entwurfsprozess war, das beste Gebäude nicht nur für die Kunst, sondern für die Stadt Zürich und seine Bewohner und Besucher zu entwickeln. Bei der Gestaltung des Neubaus sind wir von dem Ort, an dem es entstehen sollte, und seinem städtischen Kontext ausgegangen. Wir haben uns bei der architektonischen Form, der Fassadengestaltung und der Materialität am Bestand orientiert und die Stadt an einer bisherigen Leerstelle vervollständigt. Diese Herangehensweise ist sicherlich charakteristisch für die Arbeit unseres Büros.

In welchem Dialog steht die Fassade des Projekts mit seinem Kontext – sowohl physisch als auch kulturell?
Die Fassade des Museums reagiert direkt auf seine städtebauliche und architektonische Umgebung. Zum einen bildet seine Südfassade die vierte (und bislang fehlende) Seite des Heimplatzes und verschafft diesem so eine städtebauliche Klarheit. Zum anderen haben wir die an den Nachbargebäuden vorgefundenen Fassadenmaterialien eingesetzt, insbesondere den Kalkstein. Dieses Material setzt den Erweiterungsbau unmittelbaren in Bezug zu seinem historischen städtebaulichen Kontext und vor allem zum bestehenden Gebäude des Kunsthauses.

Gab es eine besondere Innovation oder technische Herausforderung bei der Gestaltung und Umsetzung der neuen Kunsthaus-Erweiterung?
Schon als das Projekt 2008 startete war es eine Maßgabe unseres Bauherrn, nach den Richtlinien der 2000-Watt-Gesellschaft zu planen. Was das für einen Museumsbau bedeutet, musste erst geklärt werden – Vorgaben für diese Art von Gebäudekategorie gab es damals noch gar nicht. Das stellte uns vor die Herausforderung, neue Wege zu suchen. Ein Beispiel ist hier der verwendete Recycling-Beton. Das Gebäude musste zudem erdbebensicher geplant werden, was in Teilbereichen durchaus recht aufwendig war.

Und ist Nachhaltigkeit ein wesentlicher Bestandteil der äußeren Hülle?
Die nachhaltigste Art zu bauen ist zwar gar nicht zu bauen. Um einen Neubau jedoch möglichst nachhaltig zu gestalten, ist es unsere Aufgabe Materialien zu verwenden, die dauerhaft und langlebig sind. Die möglichst regional produziert oder abgebaut werden und die im Idealfall in den Materialkreislauf zurückgeführt werden können. Wir haben uns bei der Fassade des Kunsthauses für eine traditionelle Bauweise entschieden. Der Schweizer Jura-Kalkstein wurde in handwerklicher Qualität bearbeitet und massiv aufgemauert. Wir haben die Kunsthaus-Erweiterung als langlebigen Bau gestaltet und geplant, trotzdem sind aber nahezu alle verwendeten Hauptmaterialien demontierbar und wiederverwertbar.

Wie sieht es mit dem rhetorischen Wert von Fassaden im Allgemeinen aus? Was können oder sollen sie über ihre utilitaristische Funktion hinaus aussagen oder darstellen?
Über seine Fassade kommuniziert ein Haus: Sie erzählt von den dahinter stattfindenden Prozessen. Gibt Aufschluss über seine Nutzung und erzeugt im besten Fall Emotionen. Fassaden können Distanz erzeugen oder aber eine Einladung aussprechen – wie etwa bei unserer Kunsthaus-Erweiterung.

Kunsthaus Fotos: © Noshe

Portrait Foto: © Marion Schönenberger für David Chipperfield Architects

© Architonic

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