Forestier: Poesie in Pendelleuchten

Unsere heutige Suche nach dem Natürlichen, dem Handwerklichen und dem Ursprünglichen in unserer gebauten Umwelt gleicht einen Teil des Unrechts aus, das wir unserem Land und unseren Meeren durch die Massenproduktion von synthetischen Materialien zugefügt haben. Es zeigt sich auch eine zeitgenössische Sehnsucht nach Wärme, Komfort und Poesie in unserer Umgebung, wie wir sie vielleicht seit der Wirtschaftskrise der siebziger Jahre nicht mehr gesehen haben – dem letzten wirtschaftlichen Ereignis, das Designer:innen die Türen zu Bambus, Rattan und kuscheligen Möbeln öffnete.

Die heutige handwerkliche Revolution erreicht auch die Beleuchtung. In der Regel betrachten zeitgenössische Architekt:innen Beleuchtung als eine Erweiterung des Gebäudes, die die Persönlichkeit eines Bauwerks durch die Synergie von Materialien und Form weiterentwickelt. Dekorative Beleuchtung gehört tendenziell in ein anderes Universum, aber unser Bedürfnis nach dem Natürlichen und dem Handwerklichen in allem, von unseren Leuchten bis zu den Böden unter unseren Füssen, ändert das.

„Jedes Stück wurde während seiner Herstellung viele Stunden lang berührt“, sagt Designerin Jette Scheib, die mit Grass und Parrot, ihrer Familie von geflochtenen Leuchten für Forestier, dieses neue Territorium des Designhandwerks besetzt. „Sie sind nicht einfach aus einer Maschine gefallen.“ Scheib zweifelte zunächst aufgrund der ästhetischen Ausgefallenheit mit kräftigen Farben, die in die geflochtenen Fasern eingefärbt sind, an dem möglichen Erfolg der Modelle. „Sie sind total dekorativ. Es sind Statement-Stücke, die man entweder liebt oder hasst“, meint sie und bescheinigt Forestier eine für kommerzielle Marken untypische Aufgeschlossenheit. Viele scheinen es jedoch zu lieben, wenn man bedenkt, wie schnell die Stücke von Grass und Parrot aus den Regalen fliegen.

Nur wenige dekorieren wie Forestier. Die französische Beleuchtungsmarke, die ihre Arbeit als eine „Begegnung zwischen Poesie und Handwerk“ beschreibt, hat sich oft für natürliche Materialien und Handarbeit eingesetzt, auch wenn dies in Architekturkreisen den Kopf über die Brüstung gedrückt hat. Der Erfolg der Marke beruht auf der Zusammenarbeit mit renommierten Designer:innen – von Arik Levy und Noé Duchaufour-Lawrance bis hin zu Elise Fouin und Jette Scheib –, die es verstehen, den Spagat zwischen populärer Industrieästhetik und Handwerk zu meistern.

Die neueste Leuchtenfamilie der Marke Nebulis von Elise Fouin ist eine Zusammenarbeit mit dem in den Cevennen ansässigen Hersteller von Seidenvlies Sericyne. Bei Sericyne handelt es sich um ein junges Unternehmen, das die biologische Seidenproduktion in Frankreich in einer Region wiederbelebt hat, die einst dafür bekannt war. Sericyne hat innovative Methoden zur Herstellung von Vliesseide entwickelt, bei denen die Seidenraupen in 2D- und 3D-Formen eingesetzt werden. Mit dem leichten, aber starken, durchscheinenden Material hat Fouin terrassenförmige Volumina zu Wandleuchtern und Anhängern geformt, die an Wolken erinnern. Sie wirken flüchtig, aber irgendwie auch selbstbewusst und solide in ihren Formen. Die Sericyne-Seide passt perfekt zu Fouins Arbeitsweise, denn sie bringt eine alte natürliche Ressource auf erfrischende Weise in ein neues Design ein: „Bei all meinen Kreationen möchte ich das Material umleiten, um neue Konstruktionsprinzipien zu erfinden“, sagt sie.

Grass und Parrot sind ebenfalls alte Kleider in unerwarteten Formen: Scheib hat sich eine industrielle Lampenform aus den 1950er Jahren ausgeliehen – eine, die normalerweise aus Metall hergestellt worden wäre – und einen Weg entwickelt, sie in geflochtenem Abaca zu reproduzieren, inspiriert von afrikanischen Korbwaren. „Es ist eine Infragestellung des Gewohnten. Beides sind sehr coole, ikonische Dinge – afrikanisches Korbgeflecht und Lampendesign der 1950er Jahre“, erklärt die Designerin. „Es geht darum, zwischen den Zeilen zu lesen und eine neue Box zu öffnen. Es ist eine neue Übersetzung für alte Handwerkskunst.“ Sie werden von einer Gemeinschaft von Menschen, die Scheib als „glückliche Menschen” bezeichnet, unter komfortablen Bedingungen auf den Philippinen handgefertigt, was ihrer Meinung nach zur emotionalen, meditativen Qualität des Designs beiträgt.

In Zeiten, in denen alle Hersteller von Wohnmöbeln und -accessoires ihre Produkte mit den Begriffen „natürlich“ und „handwerklich“ kennzeichnen wollen, hat Forestier die Nase vorn, wenn es darum geht, dies zu verwirklichen. Die Unbeständigkeit einiger natürlicher Materialien (in Bezug auf Qualität und Quantität) und der Zeitaufwand für die Herstellung von Hand – eine grosse Grass and Parrot Pendelleuchte dauert einen Tag – und die Notwendigkeit von Konsistenz und Quantität bei grösseren Aufträgen sind immer ein Balanceakt, den Forestier als lohnenswert erachtet, um seiner Mission gerecht zu werden, zeitgenössische, poetische Leuchten herzustellen.

© Architonic

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