In der neuesten Ausgabe unserer Architonic-Interviews mit führenden Nachhaltigkeitsexpert:innen aus aller Welt stellen wir Marloes Fischer, der Gründerin und Geschäftsführerin des Schweizer Unternehmens Circular Hub, eine Reihe von gezielten Fragen. Der Aufruf richtet sich an Architekt:innen und Designhersteller:innen ...

„Bei der Kreislaufwirtschaft geht es darum, ein System zu entwerfen, in dem Ressourcen und Produkte so lange wie möglich genutzt werden“, sagt Marloes Fischer, Gründerin des in der Schweiz ansässigen Circular Hub. Foto: Circular Hub

„Gebäude sind mehr als ein Statement der Beständigkeit“: Marloes Fischer, Expertin für Kreislaufwirtschaft, über Nachhaltigkeit und Design | Aktuelles

„Bei der Kreislaufwirtschaft geht es darum, ein System zu entwerfen, in dem Ressourcen und Produkte so lange wie möglich genutzt werden“, sagt Marloes Fischer, Gründerin des in der Schweiz ansässigen Circular Hub. Foto: Circular Hub

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Architonic: Wie würden Sie die Kreislaufwirtschaft in der Theorie definieren?

Marloes Fischer: Bei der Kreislaufwirtschaft geht es darum, ein System zu entwerfen, in dem Ressourcen und Produkte so lange wie möglich zu ihrem höchstmöglichen Wert genutzt werden können. Eine Kreislaufwirtschaft entkoppelt die Wirtschaftstätigkeit vom Verbrauch endlicher Ressourcen. Um dies zu erreichen, braucht es neue Geschäftsmodelle, wie das Teilen, Reparieren und Anbieten von Produkten als Dienstleistung, anstatt sie zu besitzen.

Und wie sieht die Praxis in der Schweiz aus? Wo stehen wir heute?

Die Schweizer Wirtschaft befindet sich in einem Transformationsprozess. Immer mehr Akteur:innen aus Wirtschaft und Politik erkennen die Kreislaufwirtschaft als gangbaren Weg, um die Klimakrise zu bewältigen und drohende Ressourcenengpässe zu vermeiden. Inzwischen haben laut der ersten repräsentativen Studie zur Situation der Kreislaufwirtschaft in der Schweiz (BFH/KOF) rund 12% der Unternehmen in der Schweizer Bauwirtschaft Kreislaufwirtschaftsaktivitäten mit Schwerpunkt auf Recycling umgesetzt.


Gebäude sind mehr als nur eine Aussage über Dauerhaftigkeit. Sie sind ein Aufbewahrungsort für Materialien, die eines Tages für andere Zwecke verwendet werden können


Technologien wie BIM, digitale Produkte und Materialpässe sind verfügbar und immer mehr Kreislaufprodukte kommen auf den Markt. Zudem wird vermehrt darauf geachtet, welche Ressourcen vor Ort gegeben sind und wie diese nachhaltig und wirtschaftlich beschafft werden können. Dies kann jedoch nur durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten im Bereich der gebauten Umwelt erreicht werden. Der Austausch von Erfahrungen, die Festlegung von Grundlagen und Massstäben sowie die Verbreitung von Erfolgsmodellen sind die Voraussetzungen für das Gedeihen einer Kreislaufwirtschaft.

Bebaute Umgebungen wie der Bahnhof Basel SBB (oben) können Zirkularität von natürlichen Umgebungen wie dem Naturschutzgebiet Creux du Van im Schweizer Jura (unten) lernen. Fotos: Madaster (oben), Circular Hub (unten)

„Gebäude sind mehr als ein Statement der Beständigkeit“: Marloes Fischer, Expertin für Kreislaufwirtschaft, über Nachhaltigkeit und Design | Aktuelles

Bebaute Umgebungen wie der Bahnhof Basel SBB (oben) können Zirkularität von natürlichen Umgebungen wie dem Naturschutzgebiet Creux du Van im Schweizer Jura (unten) lernen. Fotos: Madaster (oben), Circular Hub (unten)

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Wo können Architekt:innen mit ihrer Arbeit die grösste Wirkung erzielen?

Bei der Kreislaufwirtschaft geht es darum, Verantwortung zu übernehmen. Es ist eine bewusste Entscheidung, aktuell genutzte Ressourcen in der Zukunft verfügbar zu machen. Gebäude sind mehr als nur eine Aussage über Dauerhaftigkeit. Sie sind ein Aufbewahrungsort für Materialien, die eines Tages für andere Zwecke verwendet werden können.


Je mehr Kreislaufprodukte Hersteller:innen anbieten können, desto besser ist dies für ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit.


Architekt:innen, die verstehen, dass ihre Design- und Materialentscheidungen die langfristige Verfügbarkeit von Ressourcen beeinflussen, werden zu wahren Wertschöpfer:innen für eine Kreislaufwirtschaft, die auf Gebäuden basiert. Sie haben langjährige Erfahrung darin, das Geld ihrer Kund:innen sinnvoll auszugeben und gleichzeitig einen architektonischen Wert zu schaffen, der sich nicht nur in finanziellen Kennzahlen messen lässt. Sie können die treibende Kraft des Wandels sein, wenn sie diese Kraft nutzen, um mit ihren Gebäuden einen messbaren Beitrag zur Lebensqualität zu Hause und am Arbeitsplatz zu leisten. Architekt:innen können den Ehrgeiz der Eigentümer:innen wecken und umsetzen und mit der gesamten Wertschöpfungskette zusammenarbeiten, um einen Mehrwert zu erhalten.

Marloes Fischer erklärt: „Circular Hub ist die Wissens- und Netzwerkplattform für die zirkulär gebaute Wirtschaft in der Schweiz.“ Foto: Circular Hub

„Gebäude sind mehr als ein Statement der Beständigkeit“: Marloes Fischer, Expertin für Kreislaufwirtschaft, über Nachhaltigkeit und Design | Aktuelles

Marloes Fischer erklärt: „Circular Hub ist die Wissens- und Netzwerkplattform für die zirkulär gebaute Wirtschaft in der Schweiz.“ Foto: Circular Hub

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Und die Hersteller:innen von Design? Was wären die wichtigsten Änderungen, die sie in ihrem Unternehmen vornehmen sollten, um Kreislaufwirtschaft zu erreichen?

Je mehr Kreislaufprodukte Hersteller:innen anbieten können, desto besser ist dies für ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit. Kreislaufprodukte oder Bauelemente sind so konzipiert, dass sie länger genutzt werden können, leicht wiederverwendbar und natürlich gut zu warten und zu reparieren sind. Wenn Hersteller:innen Produkte nach einer bestimmten Nutzungsdauer zurücknehmen, können sie aufgefrischt wieder auf den Markt gebracht werden. Wir sehen, dass dies bei einigen gewerblichen Bauprojekten in der Schweiz bereits der Fall ist. Letztendlich vermeiden die Spezialist:innen für zirkuläres Bauen Abfall und schaffen Werte.

Was ist Circular Hub und was will es leisten?

Circular Hub ist die Wissens- und Netzwerkplattform für die Kreislaufwirtschaft in der Schweiz. Wir aktivieren das Innovationspotenzial von Schweizer Organisationen und begleiten sie bei der Umsetzung von Geschäftsmodellen der Kreislaufwirtschaft. Unser Ziel ist das „Swiss Circular Valley“: ein Netzwerk von Unternehmen und Organisationen, die das Potenzial von zirkulären Geschäftsmodellen nutzen, um die Bedürfnisse zukünftiger Generationen bestmöglich zu erfüllen, sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene.

© Architonic

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