Unter freiem Himmel: neue Outdoor-Möbel von Pedrali

Zur Zeit wird viel über den Aussenraum gesprochen. Über diejenigen, die das Glück haben, zu Hause Zugang zu ihm zu haben, über diejenigen, die davon nur träumen können, und darüber, welche neue Form er in Zukunft annehmen wird, wenn es um gemeinsam genutzte öffentliche Umgebungen geht.

Der französische Industriedesigner Patrick Jouin und das in Como ansässige Designstudio CMP Design arbeiten seit langem mit Pedrali zusammen und haben neue Produkte für die italienische Premium-Möbelmarke entworfen. Sie verraten, wie sich Aussenbereiche ihrer Meinung nach entwickeln werden und welche Vorteile ihre Outdoor-Sitzmöbel für Planer und Nutzer bieten.

Wie verändern sich öffentliche Outdoor-Bereiche?

Patrick Jouin: Der öffentliche Raum entwickelt sich in dem Sinne, dass Städte einladender werden. Überall auf der Welt werden öffentliche Plätze zu Treffpunkten, anstatt Orte zu sein, die man nur durchquert. Stattet man diese Orte mit Möbeln aus, lädt dies die Menschen zum Sitzen, Ausruhen und Plaudern ein. Auf der High Line in New York oder dem Times Square (an der 42nd Street) wurden zum Beispiel viele Möbel installiert, die den Ort friedlicher machen – Menschen können sich hier treffen, Schach spielen und entspannen. Möbel im öffentlichen Aussenraum haben letztlich eine wichtige soziale Funktion: Sie bringen Menschen zusammen.

CMP Design: Der Wandel, der sich in der Nutzung des öffentlichen Raums vollzieht (man denke nur an die Corona-Schutzmassnahmen), kann als ein greifbarer, sichtbarerer Aspekt eines viel langsameren, epochalen Wandels betrachtet werden, zu dem die kapitalistische Gesellschaft schon seit langem tendiert. Die Isolierung von Individuen ist eine äusserst günstige Bedingung dafür, dass sich Konsum vervielfältigt und sich die Möglichkeiten des zwischenmenschlichen Austauschs in eine – als Dienstleistung käufliche – Ware verwandeln. Unserer Meinung nach sollte man bei der Bewertung des Wandels von Aussenräumen den Blick nicht auf kurzfristige Veränderungen verengen, sondern ein klares langfristiges Ziel verfolgen und eine grössere Zentralität von Räumen für zwischenmenschliche Beziehungen anstreben, wie sie Plätze und andere Orte der öffentlichen Zusammenkunft im Allgemeinen repräsentieren.

Welche Tendenzen sehen Sie bei der Entwicklung von Aussenwohnräumen?

Patrick Jouin: Sie werden immer grösser und mehr denn je genutzt werden. Dabei haben sie nicht mehr nur eine dekorative Funktion, sondern werden zu Räumen, die man wirklich geniesst – an denen man mit in der Natur in Kontakt treten, frische Luft schnappen und sich entspannen kann. Während der Corona-Krise wurde das Bedürfnis nach Aussenraum deutlicher denn je zuvor. Diejenigen, die keine Terrasse, kein kleines Stück Garten oder keinen Balkon haben, haben es in dieser Zeit wirklich schwer. Wir brauchen einen Raum mit Zugang zur Aussenluft, und wenn wir den mit Möbeln ausstatten, können wir dort sitzen und ihn geniessen. Für viele mag dies ein Traum sein, weil ein kleiner Garten oder eine Terrasse ein echter Luxus ist, aber vielleicht ist es besser, weniger Innenraum zu haben, wenn man dafür Zugang zu einem Aussenbereich hat.

CMP: Die Schwere der anhaltenden Pandemie zwang uns, den Frühling 2020 in häuslicher Isolation zu verbringen, was bei uns zu einer Entschleunigung führte, sodass wir – vielleicht mit einer gewissen Nostalgie – die Welt vor unserem Fenster beobachten haben: die Bäume auf den Strassen, die Pflanzen auf der Terrasse, die verschiedenen Vogelarten, die im Garten nisteten. Auch wenn eine Terrasse oder ein Garten nicht wirklich natürlich sind – sie sind eine Form der künstlichen Kontrolle über die Unwahrscheinlichkeit der Natur –, so sind sie doch heute, in unseren urbanen Zivilisationen, ein Vorposten des Widerstands. Deshalb steigt heute die Nachfrage nach hochwertigen Wohnmöbeln für den Aussenbereich so stark an: Wir haben gemerkt, wie wenig wir in den letzten Jahren im Freien gelebt haben!

Welchen Mehrwert hat Ihr neues Pedrali-Produkt für Architekten/Planer bei Outdoor-Projekten?

Patrick Jouin: Zunächst einmal sorgt es für optimalen Komfort. Ich glaube, es ist das bequemste Sofa, das ich je entworfen habe. Wenn man auf einem Reva-Sofa sitzt, möchte man nicht mehr aufstehen; man möchte ein Buch lesen und sitzenbleiben. Wenn wir zeichnen, können wir Komfort nicht wirklich ausdrücken. Erst wenn man anfängt, mit dem Material zu arbeiten, wird der Komfort real. Und mit Reva ist es uns gelungen, Komfort und Ästhetik zu vereinen.

CMP Design: Ein gewebtes Artefakt gibt einem ein Gefühl von Ehrfurcht und Respekt vor der Arbeit als Hingabe. Eine Vorstellung von der Natur, von einer Küstenlandschaft und Berggipfeln lässt solche Gegenstände in ihrer archaischen Vertrautheit erscheinen. Die geflochtene Rückenlehne unserer Panarea-Sitzmöbel verortet das Möbel in dieser Vorstellung. Deshalb kann der Architekt, der sie für ein Outdoor-Projekt spezifiziert, eine Fülle von atavistischen Anregungen einsetzen. Das heisst aber nicht, dass das Sitzmöbel ein antikes Produkt zu imitieren versucht, sondern es leiht sich dessen Lexikon und spricht eine neue Sprache mit starken Farben.

Gab es bei der Entwicklung des Produkts eine besondere Herausforderung oder Innovation?

Patrick Jouin: Die Innovation dieses Produkts liegt in der Widerstandsfähigkeit und der Solidität der Struktur, sodass es mit wenigen Füssen auskommt. Das Sofa ist lang, was ihm eine sehr elegante Form verleiht. Wir haben es in Anlehnung an das Profil eines Flugzeugflügels entworfen, sodass es sehr dünn und leicht erscheint, gleichzeitig aber extrem widerstandsfähig ist. Die andere Innovation besteht darin, dass es leicht zerlegt werden kann. Das ist bei Outdoor-Kollektionen wichtig, weil sie weggeräumt und die Kissen abgezogen werden müssen. Das alles lässt sich in wenigen Minuten erledigen.

CMP Design: Die Herausforderung bestand darin, die Anzahl der horizontalen Stiche zu minimieren, um ein zweifach gekrümmtes Gewebe zu erhalten. Diese Komplexitätsreduktion ist der Schlüssel zu einem flexibleren und kostengünstigeren Webvorgang, denn so kann in weniger Zeit mit weniger Energie ein grösseres Ergebnis erzielt werden. Zur optischen Leichtigkeit dieser Lösung kommt die physische Leichtigkeit des Objekts hinzu.

Warum verwenden Sie Seil? Welche Vorteile bringt es strukturell, ästhetisch, emotional?

Patrick Jouin: Hinter der Reva-Twist-Kollektion stand die Idee, im Vergleich zur eher technischen Reva-Kollektion ein natürlicheres Produkt zu schaffen. Die Verwendung von Seil anstelle von Batyline gibt dieser neuen Kollektion eine stärker handwerkliche Optik. Das ist eine der Stärken der italienischen Designindustrie: ein Industrieprodukt mit Handwerkskunst und Know-how zu schaffen.

CMP Design: Wenn man beobachtet, wie die Biene Waben bildet, die Spinne ein Netz spannt oder die Amsel ein Nest baut, wenn man an die Bautechnik der Steinzeitmenschen denkt, bei der Äste, Stämme, Pflanzen- und Tierfasern verwoben werden – das Weben steht für eine starke Verbindung zwischen Natur und Artefakt und wird in ähnlicher Form in verschiedenen Kulturen praktiziert. Im Mittelmeerraum verleiht das Weben den Töpfen und Fischernetzen Gestalt, es gibt den Körben mit getrockneten Früchten Form, genauso wie der Korbflasche auf dem Tisch, dem Symbol für Geselligkeit.

Foto Credits:
Enigma Suites, Santorini Griechenland: George Sfakianakis
Room Mate Macarena Hotel, Madrid, Spanien: mit freundlicher Genehmigung von Room Mate Macarena Hotel

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