Unter dem Titel „Workspace in Progress“ entwickelten Studierende im Fach Industriedesign an der Angewandten in Wien Antworten auf die Frage nach gegenwärtigen und zukünftigen Formen der Arbeit – in enger Zusammenarbeit mit Stefan Diez und Wagner Living.

×

Alle 17 Arbeiten, die im Rahmen dieses Projektes entstanden sind, wurden von den Studierenden in dieser Videoperformance dokumentiert

Wie in vielen Disziplinen gilt ganz besonders im Design: Nirgendwo lernt man so effektiv wie in der Praxis – oder auch: von der Praxis. Es ist daher längst keine Seltenheit mehr, dass die Industrie mit der Lehre kollaboriert und Studierende in ihren Projekten mit Know-how begleitet. Ein Beispiel ist die jüngste Zusammenarbeit der Augsburger Möbelmarke Wagner Living mit Studierenden im Fach Industriedesign an der Universität für angewandte Kunst Wien.

Initiiert hat das Projekt der Designer Stefan Diez, der die Klasse als Professor leitet. Er selbst arbeitete bereits mehrfach mit Wagner Living: am Dondola-Stuhl D1 und zuletzt am Möbelsystem D2 – doch dazu später mehr. Stefan Diez wusste also um den synergetischen Wert dieser Verbindung; und, dass Wagner Living bereit sein würde, den Arbeiten eine angemessene Bühne zu bieten. Ein besonderer Ansporn für die Studierenden.

Für ein Studierenden-Projekt aussergewöhnlich: Diez holte sich bereits von Beginn an die Designerin und Kuratorin Matylda Krzykowski zur Seite – mit dem Ziel, die Arbeiten später einmal der Öffentlichkeit zu präsentieren; was aufgrund der Corona-Pandemie übrigens nicht immer ganz aussichtsreich schien. Darüber hinaus unterstützten die Industriedesign-Klasse verschiedene Experten aus Design und Architektur bei der Ausarbeitung ihrer Ideen und Prototypen: Gonzalez Haase AAS etwa, Mirko Borsche oder Harald Gründl (EOOS).

Von der Powernap-Bank über Schatten spendende Segel für den Arbeitsplatz bis hin zum Kommunikationskonzept für Remote-Arbeitende. Am Eröffnungsabend in Köln wurde zum Thema „How work affects life“ diskutiert

Workspace in progress: Wagner Living | Aktuelles

Von der Powernap-Bank über Schatten spendende Segel für den Arbeitsplatz bis hin zum Kommunikationskonzept für Remote-Arbeitende. Am Eröffnungsabend in Köln wurde zum Thema „How work affects life“ diskutiert

×

Das Thema: Arbeit gestalten

Zwei Semester lang widmeten sich die Studierenden der Frage nach gegenwärtigen und zukünftigen Formen der Arbeit. Inwiefern können sich auch Designentscheidungen darauf auswirken, was und wie wir arbeiten? In welchem Verhältnis stehen Beruf und Freizeit zueinander? „Während im ersten Semester die aktuellen Einflüsse auf die Arbeitswelt hinsichtlich technologischer, ökonomischer und sozialer Veränderungen thematisiert wurden, sind im zweiten Semester die Produktionsweisen dieser Projekte unter den Gesichtspunkten einer zukunftsorientierten Kreislaufwirtschaft behandelt worden“, erklärt Stefan Diez.


Wie keine Generation zuvor scheinen sie ihr Handeln und daraus resultierende Konsequenzen zu hinterfragen


Besonders der zweite Teil ist ihm dabei wichtig, denn Arbeit ist in ihrer heutigen Form, wie er betont, „auch die Ursache für unseren enormen Ressourcenverbrauch und führt unaufhörlich zur Zerstörung der gemeinsamen Lebensgrundlagen.“ Ganz zu schweigen davon, möchte man ergänzen, dass auch der Konsum an sich ja oft als Belohnung für verrichtete Arbeit dient und kaum noch Grundbedürfnisse stillt – und somit wiederum Arbeit und Ressourcenverbrauch verursacht. Ein Teufelskreis!

Um mehr Flexibilität hinsichtlich der Büromöblierung zu schaffen, schlägt Alice Klarwein (oben) einen zum Regal transformierbaren Schreibtisch auf Rollen vor. Steven Dahlinger erzeugt mit seinem Sofa einen Bedarfs-Rückzugsort

Workspace in progress: Wagner Living | Aktuelles

Um mehr Flexibilität hinsichtlich der Büromöblierung zu schaffen, schlägt Alice Klarwein (oben) einen zum Regal transformierbaren Schreibtisch auf Rollen vor. Steven Dahlinger erzeugt mit seinem Sofa einen Bedarfs-Rückzugsort

×

Konsequenzen mitdenken

Den Studierenden ist diese Entwicklung nicht entgangen. Im Gegenteil: Wie keine Generation zuvor scheinen sie ihr Handeln und daraus resultierende Konsequenzen zu hinterfragen. Zu ihrer Verantwortung als angehende Designer gehört daher auch, nicht immer wieder dieselben, bereits existierenden Produkte, nur in leicht variierter, vermeintlich neuer Form zu entwickeln. Vor allem aber haben Designer einen grossen Einfluss auf verwendete Materialien, Herstellungsweisen und -orte sowie die spätere Möglichkeit einer Wiederverwertbarkeit der eingesetzten Rohstoffe.

Heute Bank, morgen Hocker und übermorgen Regal? Philipp Pranzl (oben) hat ein spielerisches, modulares System, Laura Dominici einen Teppich mit Tisch und Alexander Allroggen eine Kombination aus Stuhl und Stehhocker entworfen

Workspace in progress: Wagner Living | Aktuelles

Heute Bank, morgen Hocker und übermorgen Regal? Philipp Pranzl (oben) hat ein spielerisches, modulares System, Laura Dominici einen Teppich mit Tisch und Alexander Allroggen eine Kombination aus Stuhl und Stehhocker entworfen

×

Wohl am konkretesten verfolgt diesen Gedanken Philipp Pranzl, dessen Ansatz an bestehende Open-Design-Konzepte erinnert. Pranzl hat ein Set aus verschieden langen Kanthölzern mit gleichmässig gesetzten Bohrungen entwickelt, welche mithilfe von Schrauben zu allen möglichen Möbeln zusammengebaut und auch wieder demontiert werden können. Laura Dominici kombiniert mit Magic Tapestry einen handgewebten Teppich mit einer kleinen Tischplatte – gerade gross genug um, mit gekreuzten Beinen am Boden sitzend, darauf den Laptop abzulegen. Zusammengerollt lässt sich der mobile Miniarbeitsplatz an jeden beliebigen Ort mitnehmen und erzeugt so, egal wo, eine vertraute Basis.

Auch bei Stets von Alexander Allroggen handelt es sich um eine ganz neue Möbeltypologie, einen leichten Stuhl, dessen Sitzfläche im hochgeklappten Zustand als Stehhilfe dient und so zum Beispiel an höhenverstellbaren Tischen wechselnde Positionen unterstützt. Und für angenehm atmosphärisches Licht, das in Räumen mit wechselnder Nutzung eingesetzt werden kann, sorgt Anton Defants höhenverstellbare Pendelleuchte Cable Grip.

Unterstützt wurde das Projekt von der Möbelmarke Wagner Living, mit der das Diez Office gemeinsam mit Gonzalez Haase AAS und Mirko Borsche das Möbelsystem D2 entwickelt hat – aus dem auch die Ausstellungsinstallation bestand

Workspace in progress: Wagner Living | Aktuelles

Unterstützt wurde das Projekt von der Möbelmarke Wagner Living, mit der das Diez Office gemeinsam mit Gonzalez Haase AAS und Mirko Borsche das Möbelsystem D2 entwickelt hat – aus dem auch die Ausstellungsinstallation bestand

×

Workspace in Progress

Einen Monat lang waren die Ergebnisse unter dem Titel „Workspace in Progress“ im Museum für Angewandte Kunst Köln zu sehen – neben Möbeln und Leuchten fanden sich darunter Ideen zur spontanen Kommunikation für Remote-Worker oder eine Apparatur zum Stressabbau.

Zweckmässig organisiert war die Ausstellungsinstallation, für die das Diez Office das neue modulare Möbelsystems D2, welches in Zusammenarbeit mit Gonzalez Haase AAS, Mirko Borsche und Wagner Living entstand, zu einer Art Depot arrangiert hat: jede Arbeit in einer eigenen Regalbox. Die Konstruktion bestand aus schwarzen Kartonwabenplatten, die Rückwände aus transparenten Polycarbonat-Platten, welche mithilfe von Steckverbindern werkzeugfrei montiert wurden und nach Ende der Ausstellung sortenrein auseinandergenommen werden sollten. Schliesslich verfolgte Diez auch für diese temporäre Installationen seinen hohen Anspruch an Zirkularität – ein bis auf seine Bestandteile dekonstruiertes D2-System im Zentrum der Ausstellung betonte das erneut.

Wer die Ausstellung verpasst hat, bekommt im Rahmen der Kölner Möbelmesse nochmals die Gelegenheit, die Arbeiten zu sehen. Zudem haben die Studierenden alle 17 Arbeiten auf sozialen Kanälen und in einer online verfügbaren Videoperformance dokumentiert.

© Architonic

Erwähnte Profile