Im Vitra Design Museum wirft einer der derzeit wichtigsten Industriedesigner, Konstantin Grcic, einen multiperspektivischen Blick auf sein bisheriges Schaffen. „Panorama“ ist Rück- und Ausblick gleichermassen, denn neben der Bestandsaufnahme geht es dem Designer um die Einbindung seiner Produkte in gegenwärtige und zukünftige Lebens- und Arbeitszusammenhänge.

WORK SPACE

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WORK SPACE

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Direkt am Eingang der Ausstellung "Konstantin Grcic – Panorama" wird der Besucher vor einer bunten Glaswand empfangen, durch die sich eine erste grosse Rauminstallation erahnen lässt. Schon hier zerstreut sich der Verdacht, dass es sich bei der bislang grössten Einzelausstellung um eine Retrospektive im klassischen Sinn handelt. Geleitet von der Neugier, was sich hinter den farbigen Scheiben verbirgt und angezogen von den Klängen einer Videoinstallation, betritt man den ersten Raum, der sich mit dem Thema LIFE SPACE befasst.

Grcic, der sich in den vergangenen Jahren vermehrt mit Ausstellungsdesign beschäftigt und u.a. den Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig 2014 gestaltet hat, lässt den Besucher selbst zum Akteur werden. Denn durch die szenografische Gestaltung der drei Ausstellungsräume, die neben dem LIFE den WORK und PUBLIC SPACE thematisieren, wird dieser unmittelbar in die verschiedenen Installationen miteinbezogen. Grcics Produkte, wie beispielsweise Mayday oder Chair_One fungieren über blosse Ausstellungsexponate hinaus als narrative Elemente, an denen sich die Imagination frei entfalten kann.

LIFE SPACE

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LIFE SPACE

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Die raumfüllenden Installationen stellen einen Ausblick auf zukünftiges Wohnen, Arbeiten und den öffentlichen Raum dar und nehmen so die grossen gesellschaftlichen Themen des Designs in Angriff. Grcic will sie als Vorschläge verstanden wissen: „Alle drei Räume funktionieren als Vexierbilder, das heisst man kann sie so oder so lesen. Es sind Bilder, die offen sind und Interpretationen zulassen. Und das war mir wichtig. Es geht nicht um die grosse Vision im Sinne eines Masterplans, eines ganzheitlichen Entwurfs.“

So wirft das Wohninterieur LIFE SPACE etwa die Fragen auf, wie das heutige Grundmodul eines Raumes aussehen könnte, mit welchen Objekten es ausgestattet ist und welche Wünsche und Bedürfnisse ihm zugrunde liegen. WORK SPACE ist als fiktives Atelier gestaltet und thematisiert den Arbeitsprozesse und die zukünftige Rolle des Designers. Im dritten Raum PUBLIC SPACE wird der Fokus nochmals vergrössert. Ein dreissig Meter langes Rundbild, das Grcic gemeinsam mit Neil Campell Ross entwickelt hat, imaginiert eine Stadtlandschaft der Zukunft.

PUBLIC SPACE

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PUBLIC SPACE

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Grcic ist überzeugt, dass der Designer bei der Gestaltung zukünftiger Räume eine massgebliche Rolle spielen kann, denn „Design ist ja auch das „Design-thinking...Der Designer ist genau der, der das Denken anstossen kann und im Prozess im Verbund mit Anderen weiterentwickelt – da gehören viele Instanzen und Beteiligte dazu. Der Designer ist wie ein Scharnier in diesem Prozess.“

OBJECT SPACE

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OBJECT SPACE

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Wenn es nun scheint als sei Grcic der Zukunft immer schon einen Schritt voraus, so schöpft er während des Entwurfprozesses durchaus aus einem Archiv an mentalen Bildern. Das kristallisiert sich in einem vierten Raum, dem OBJECT SPACE, heraus. Hier werden neben Entwürfen, Zeichnungen und Prototypen, Fundstücke, Designklassiker und Bücher präsentiert, die Grcic inspiriert haben.

In dieser „Ausstellung in der Ausstellung“ wird deutlich, dass Grcic Design nicht nur als Lösung bestimmter Probleme betrachtet, sondern als einen assoziativen Umgang mit Bildern, Objekten, Entdeckungen. „Inspiration hat etwas damit zu tun, dass man etwas sammelt und speichert: Wissen, Information, Bilder. Aber die Inspiration ist dann eigentlich dieser Moment, die Chemie oder die Synapse, die das abgespeicherte Wissen plötzlich mit etwas verbindet. Irgendwas kommt da zusammen, funkt.“

Frame, Tasche, Maharam, 2013; Blow, Beistelltisch, Established & Sons, 2010; Red Green, Stehleuchte, Prototyp, 1993

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Frame, Tasche, Maharam, 2013; Blow, Beistelltisch, Established & Sons, 2010; Red Green, Stehleuchte, Prototyp, 1993

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Sake 8, Flaschenetikett, Hachitsuru Junmai, 2005

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Sake 8, Flaschenetikett, Hachitsuru Junmai, 2005

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Der Blick ist also auch auf zeitlicher Ebene multiperspektivisch. Neben seinen Zukunftsvisionen, gewährt der Designer Einblick in sein „Archiv“ und setzte sich während der Ausstellungsvorbereitung intensiv mit seinem bisherigen Schaffen auseinander. „Es ist natürlich interessant, besonders die alten Arbeiten zu betrachten, in der Rückschau. Man entdeckt absolut Qualitäten in diesen alten Arbeiten, die aus ganz anderen Bedingungen damals entstanden sind. Ich würde behaupten damals war alles einfacher, weil viel primitiver, kleiner, direkter. Andererseits geht’s mir gar nicht um das Glorifizieren der Vergangenheit, oder Nostalgie. Das heisst ich lebe auch bewusst im Heute und in den Möglichkeiten von heute und ich muss akzeptieren, Dinge sind komplexer, komplizierter, haben dadurch aber auch viele Vorteile.“

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Konstantin Grcic – Panorama
22.03. – 04.09.2014

Vitra Design Museum
Charles-Eames-Str. 2
D-79576 Weil am Rhein
T +49.7621.702.3200
F +49.7621.702.3590

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