Jörg Boner gibt viel Preis über seine Produkte – er haucht ihnen Leben ein. So beleuchtet er im Gespräch gerne den Werdegang eines Produktes, seine Hochs und Tiefs sowie seinen Neuanfang. Die Parallelen zu ihm als Person lassen sich wie von selbst ziehen.

Jörg Boner gibt viel Preis über seine Produkte - er haucht ihnen Leben ein. So beleuchtet er im Gespräch gerne den Werdegang eines Produktes, seine Hochs und Tiefs sowie seinen Neuanfang. Die Parallelen zu ihm als Person lassen sich wie von selbst ziehen.

Er erzählt die Geschichte des Stuhls Wogg42, für die gleichnamige Schweizer Firma. Sein "Königsprojekt", wie er es nennt. 2007 war der Prototyp des Stuhls so weit lanciert zu werden, allerdings war Boner noch nicht ganz von der Erscheinung des Wogg42 überzeugt. Woggs Auftrag, einen gepolsterten Holzstuhl für ihre Kollektion zu entwerfen, war zwar erfüllt - auch der Innovationscharakter war da, durch das neuartige Polster gefertigt mit industrieller Produktionstechnik. Trotzdem gab sich der Tüftler noch nicht mit dem Resultat zufrieden. Der Nylonstoff verbunden mit dem Schaumstoff ergab unschöne Falten. Auch umwelttechnisch überzeugte das Polster noch nicht ganz, da eine PVC-Beschichtung für das Verkleben des Gewebes nötig war.

Wogg42 von Jörg Boner für Wogg

"Passion ist das Wichtigste" | Aktuelles

Wogg42 von Jörg Boner für Wogg

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Nach langer Suche und mit einer Portion Glück fanden Wogg und Boner mit Hilfe einer schwedischen Ingenieurfirma den idealen Partner für die Fabrikation des gewünschten Polsters. Hauptsächlich in der Autoindustrie zu Hause, fertigt diese dänische Firma textile Formteile für das Innenleben von Fahrzeugen. Dieser Fertigungsprozess - ein vollflächiges Verschweissen von Textilien auf ein Trägermaterial - konnte letztendlich für die Produktion des perfekten Polsters angewendet werden. Dies bedeutete zwar einen entsprechenden finanziellen Aufwand für Wogg, welcher sich aber schliesslich lohnen sollte. "Es war ein langer gemeinsamer Weg mit viel investiertem Herzblut." 2009 wurde der Stuhl dann mit grossem Erfolg in Mailand vorgestellt und trägt mittlerweile massgeblich dazu bei, dass sich Wogg auch als Stuhlhersteller etablieren konnte.

Jörg Boner

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Jörg Boner

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Jörg Boner sitzt mit seinen Auftraggebern gerne bei einem ausgiebigem Essen am privaten Tisch. "Es muss auch menschlich stimmen für eine gute Zusammenarbeit." Eine gute Basis und der gemeinsame Glaube an ein Produkt ist ihm sehr wichtig. Gerade mit Wogg sei das gemeinsame Ziel weiterzukommen ein entscheidender Faktor für die gute Zusammenarbeit. Beide teilen die Passion für technisch innovatives Design und versuchen sich international noch besser zu positionieren. "Wir stehen beide ungefähr am gleichen Ort." Im Atelier stehen schon wieder diverse Prototypen eines neuen Stuhls. Dieser wird von Wogg an der diesjährigen Mailänder Möbelmesse als Neuheit präsentiert. "Der neue Wogg Stuhl wird sich komplett vom Wogg42 unterscheiden - es sollte kein Nachfolger dieses Entwurfs entstehen." Boners Handschrift lässt sich allerdings deutlich am neuen Entwurf ablesen. Es ist ein Sperrholzstuhl, der in modernster Verarbeitungstechnik gefertigt wird. Geprägt wird die Form durch die seitliche Führung der Rückenlehne unter den Sitz. Sie verdeckt das konstruktive Kernstück des Stuhls. Hier kommen alle Bauteile zusammen. Der komplexe, jedoch schlichte Stuhl besticht durch seinen zeitlosen und zugleich modernen Charakter.

Prototyp Wogg50 von Jörg Boner für Wogg

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Prototyp Wogg50 von Jörg Boner für Wogg

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Prototyp Wogg50 von Jörg Boner für Wogg

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Schablonen für Stuhl Wogg50 von Jörg Boner

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Schablonen für Stuhl Wogg50 von Jörg Boner

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Noch mal an den Start zurück
Vor bald zehn Jahren eröffnete Boner sein Atelier in Zürich, in dem er heute zwei weitere Designer beschäftigt. Nach seiner Zeit beim Designkollektiv N2 war der Anfang alles andere als leicht. Die siebenköpfige Designgruppe um Boner und Christian Deuber ging zwar nach fünf Jahren in Freundschaft auseinander, doch sich plötzlich alleine mit dem eigenen Namen als Designer zu behaupten war schwer. „Die Medien berichteten gerne und oft über N2 als Gruppe aber dich selbst als Person hat es eigentlich nicht gegeben." In Italien wurden sie viel zu schnell herumgereicht. „Alle sprachen von N due", sagt er mit aufgesetztem italienischen Akzent. Und der einstige niederländische Hersteller Hidden nahm den Stuhl Pof1 und den Schrank Hoover vom Fleck weg in ihre Kollektion auf. Das Label mit einem charismatischen Drahtzieher, dem coolen Auftritt und einer von vielversprechenden Jungdesignern bestückten Kollektion versprach vieles. Leider platzte diese Seifenblase nach einem kurzen steilen Aufstieg dann ebenfalls 2001. "So hiess es wie beim 'Leiterlispiel' noch mal an den Start zurück." Zwei, drei gute Kontakte zu Italien sind allerdings bis heute geblieben.

Schrank Hoover von Jörg Boner

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Schrank Hoover von Jörg Boner

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Zu Beginn konzentrierte sich Boner auf den Bereich Innenarchitektur und konzipierte einige erfolgreiche Messeauftritte, um wieder Fuss zu fassen. So zum Beispiel für velo.com oder mittlerweile auch für das Schweizer Label nanoo, für welches er auch als Art Director tätig ist.

Messestand für velo.com von Jörg Boner

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Messestand für velo.com von Jörg Boner

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Aus diesen Projekten sind dann zum Teil Produktentwicklungen entstanden. "Auftraggeber für Räume wissen oft viel genauer was sie wollen." Bedürfnisse, die daraus entstehen, entsprechen oft auch den Bedürfnissen des Marktes, meint er. Produkte, die daraus resultieren, lassen sich gut positionieren. Wie zum Beispiel auch die Leuchte nan17 für nanoo, die ursprünglich für ein Altersheim konzipiert wurde. Die Architekten Meier/Leder aus Baden beauftragten Jörg Boner und Christian Deuber ein Beleuchtungskonzept für ihr Projekt zu entwickeln; modern aber doch poetisch. Es entstand eine adaptierte Form des althergebrachten plissierten Lampenschirms. "Romantik in ihrer modernsten Gestalt."

Beleuchtung für ein institutionelles Gebäude von Jörg Boner und Christian Deuber

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Beleuchtung für ein institutionelles Gebäude von Jörg Boner und Christian Deuber

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Bekenntnis
Jörg Boner bekennt sich zwar zum so genannten Autorendesign aber ganz klar unter bestimmten Rahmenbedingungen. Ein Projekt muss in einem Kontext entstehen - Parameter einhalten, auch selbst abgesteckte, erachtet er als notwendig. Es geht ihm nicht darum, nur seine Handschrift weiter zu transportieren. Sein Traum ist es, in Zukunft mit drei bis vier ausgewählten Herstellern, möglichst auch internationalen, eng zusammenzuarbeiten und Partnerschaften einzugehen. Er ist auf einem guten Weg. Momentan entwirft er zum ersten Mal ein Sofa für den deutschen Hersteller COR und für die renommierte dänische Beleuchtungsfirma Louis Poulsen arbeitet er in Kooperation mit der Schweizer Axpo AG an einem Konzept für Strassenleuchten.

"Für die richtigen Firmen zu arbeiten ist für Designer sehr wichtig." In seiner Tätigkeit als Dozent an der ECAL Lausanne vermittelt er dies auch seinen Studenten. "Der Designzirkus verspricht viel mehr als er ist." Man sollte nicht den Clown spielen sondern sich den Zirkus zu Nutze machen und statt den eigenen Namen weit zu streuen eher auf Beziehungen setzen. "Passion ist das Wichtigste" meint er letztendlich. Das Erschaffen eines Produktes, das erste Mal zu sehen wie ein Produkt vor dir stehe, sei immer noch der schönste Moment.