Geringe Umweltbelastung, geringe Kosten, geringer Raumbedarf – das sind nur drei Gründe dafür, dass innovative Architekturlösungen im Taschenformat international gross im Kommen sind.

Das Window House von Yasutaka Yoshimura ist ein „Haus mit Durchblick“, wie der Architekt selbst sagt. Dass es als dreistöckig gelten kann, verdankt es der Terrasse unter dem aufgestelzten Erdgeschoss; Foto: Yasutaka Yoshimura

Mikroarchitektur: klein, aber fein | Wohnen

Das Window House von Yasutaka Yoshimura ist ein „Haus mit Durchblick“, wie der Architekt selbst sagt. Dass es als dreistöckig gelten kann, verdankt es der Terrasse unter dem aufgestelzten Erdgeschoss; Foto: Yasutaka Yoshimura

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Renzo Piano ist vor allem für seinen Entwurf des höchsten Wolkenkratzers der EU bekannt – des 310 Meter hohen The Shard. Weniger Leute wissen, dass er sich seit langer Zeit für Mikroarchitektur engagiert.

Mit Unterstützung des Vitra-Chefs Rolf Fehlbaum entwickelte Renzo Piano 2010 einen Prototypen seines Lieblingsprojekts Diogene. Das Minihaus wurde während der Art Basel 2013 erstmals auf dem Vitra Campus präsentiert

Mikroarchitektur: klein, aber fein | Wohnen

Mit Unterstützung des Vitra-Chefs Rolf Fehlbaum entwickelte Renzo Piano 2010 einen Prototypen seines Lieblingsprojekts Diogene. Das Minihaus wurde während der Art Basel 2013 erstmals auf dem Vitra Campus präsentiert

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In den 1960er Jahren, als er an der Londoner Architectural Association School of Architecture unterrichtete, entwarf Piano zusammen mit seinen Studenten Minihäuser. Vor zirka zehn Jahren begann er dann, an einer minimalistischen Wohnmaschine mit dem Namen Diogene zu arbeiten, die 2009 in einer ihm gewidmeten Broschüre der Zeitschrift Abitare vorgestellt wurde. Der nur 2,4 x 2,4 Meter messende Prototyp steht heute auf dem Vitra Campus in Weil am Rhein. Als Namensgeber diente der griechische Philosoph Diogenes, der aus Verachtung für alle weltlichen Annehmlichkeiten in einem Fass gewohnt haben soll. Eine weitere Anregung kam von dem römischen Architekten Vitruv, der die einfache Hütte zum Grundbaustein der Architektur erklärte. Pianos Diogene ernährt sich genügsam von Regenwasser und Sonnenenergie. Die spartanische Innenausstattung beschränkt sich auf ein Wohnzimmer mit einer Bettcouch und einem Klapptisch unter dem Fenster. Eine Trennwand verbirgt Küche, Dusche und WC.

Die Studentenwohnung von Tengbom verarbeitet umweltbewusst einen nachwachsenden Rohstoff: Holz aus Schweden. Aus Wäldern der Umgebung, um den Transportweg möglichst kurz zu halten

Mikroarchitektur: klein, aber fein | Wohnen

Die Studentenwohnung von Tengbom verarbeitet umweltbewusst einen nachwachsenden Rohstoff: Holz aus Schweden. Aus Wäldern der Umgebung, um den Transportweg möglichst kurz zu halten

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Piano ist nicht der einzige Verfechter der Mikroarchitektur. Vorteile wie Nachhaltigkeit und platzsparende Innenausstattung sind heutzutage besonders gefragt. Zusammen mit dem Immobilienhaus AF Bostäder und der Holzverarbeitungsfirma Martinsons entwickelte das schwedische Architekturbüro Tengbom ein 10 Quadratmeter grosses Holzhaus für Studenten. Der Entwurf, an dem auch Studenten der Universität Lund mitwirkten, ist aus extrastarken Massivholzplatten (einem nachwachsenden Rohstoff) gearbeitet und verfügt über eine Kochnische, ein Badezimmer und ein Hochbett. Zwei Fensterläden können als Ess- bzw. Schreibtisch heruntergeklappt werden. „Dank der optimalen Raumnutzung zahlen die Studenten nur die Hälfte der üblichen Miete“, freut sich Linda Camara, eine der Architektinnen.

Das ultrakompakte Brick House von Azevedo Design geizt mit Platz und spart dabei nicht mit Tricks wie u. a. einem Einbauschrank aus Nussholz, einem 1 m2 grossen Vorraum und einem an der Wand montierten WC-Becken

Mikroarchitektur: klein, aber fein | Wohnen

Das ultrakompakte Brick House von Azevedo Design geizt mit Platz und spart dabei nicht mit Tricks wie u. a. einem Einbauschrank aus Nussholz, einem 1 m2 grossen Vorraum und einem an der Wand montierten WC-Becken

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Das Brick House von Azevedo Design in San Francisco, ein zum Gästehaus umgebauter Heizraum von anno 1916, geht noch knausriger mit Grund und Boden um. Auf nur 2,5 x 3,5 Metern gelang es den Architekten, ein Wohnzimmer, eine Küche und ein Schlafzimmer mit angeschlossenem Badezimmer unterzubringen. Das Bett wurde unter das Dach verlegt, wo es auf alten Holzbalken ruht. „Das Projekt nutzt das gesamte Raumvolumen und nicht bloss die Grundfläche“, erklärt die Gründerin des Büros Christi Azevedo. Eine Zwischenetage aus Glas schafft extra Platz. Sie führt zum Schlafzimmer und ist über eine Leiter erreichbar, an deren unteren Sprossen eine Küchenarbeitsplatte befestigt ist.

Das Window House erzeugt Raum durch seine offene Einbindung in die Landschaft. Die grossen Fenster bieten Panorama-Ausblicke auf die Sagami-Bucht und den Fuji; Foto: Yasutaka Yoshimura

Mikroarchitektur: klein, aber fein | Wohnen

Das Window House erzeugt Raum durch seine offene Einbindung in die Landschaft. Die grossen Fenster bieten Panorama-Ausblicke auf die Sagami-Bucht und den Fuji; Foto: Yasutaka Yoshimura

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Romantik auf 3 x 8 Metern – dieses Kunststück schaffte der Architekt Yasutaka Yoshimura mit seinem Wochenendhaus für einen Single in Kanagawa, Japan. Transparenz ist alles. Zwei grosse Fenster eröffnen zwei gegensätzliche Ausblicke, einen auf den Gipfel des Fuji, den anderen aufs Meer. Der Bau steht auf Betonsäulen, um ihn vor hoher Flut zu schützen. Der so entstandene Zwischenraum dient als überdachte Terrasse. Eine Treppe führt von hier in die erste Etage mit Esszimmer und Küche und von dort in die zweite mit Wohnzimmer und Schlafkammer.

Mikroarchitektur hat, was den Platzbedarf angeht, keine grossen Ansprüche. Dafür lässt sie keinen Quadratzentimeter ungenutzt.