Nur eine Brücke trennt Brooklyn von Manhattan und dennoch hat der Stadtteil seine eigene Identität. Wenn man mit Vertretern der kleinen, aber wachsenden Designszene spricht, bekommt man den Eindruck, dass Brooklyn romantischer, unkonventioneller und idealistischer ist als Manhattan, wo sich alles nur um Geld und Profit zu drehen scheint. Doch man sollte die Unterschiede zwischen den beiden Kreativzentren nicht überstrapazieren. Schliesslich will auch die neue Designergeneration von Brooklyn nichts anderes als den grossen Erfolg, auch wenn sie dabei etwas alternativer und vielleicht auch entspannter zu Werke geht.

Es geht weniger hektisch zu in diesem vergleichsweise grünen Stadtteil, der immer mehr Kreative aus allen Sparten anzieht. „Die bunte Mischung talentierter Menschen hier in Brooklyn erzeugt eine ganz besondere Energie“, finden Jean und Oliver Pelle. Im Jahr 2011 haben sie das gemeinsame das Möbel- und Leuchtenatelier Pelle in Red Hook gegründet, einem Hafenareal am Westrand von Brooklyn, das eine hohe Konzentration von Designern aufweist. „Hier ist echt was los, jeder hat ein Projekt – eine Werkstatt, ein Restaurant oder eine Bienenzucht auf dem Dach.“ „Es gibt hier so ziemlich alles“, versichern Jason Horvath und Bill Hilgendorf vom Designstudio Uhuru, das sich für „Nachhaltigkeit und Produktion vor Ort“ einsetzt. Die Möbellinie „Coney Island“ verwertet das verwitterte Altholz der Strandpromenade, die seit den 1940er-Jahren zu den Sehenswürdigkeiten der gleichnamigen Halbinsel zählt. „Bierbrauer, Tapetengestalter, Leuchtendesigner, die Liste ist endlos. Man findet einfach alles hier.“ Der Standort Brooklyn bietet viele Vorteile, erklären die, die es wissen müssen. Zum einen das starke Gemeinschaftsgefühl: jeder kennt jeden, jeder hilft jedem und oft arbeitet man mit vereinten Kräften.

Jumbo 36 Bubble Chandelier von PELLE

Made in Brooklyn | Aktuelles

Jumbo 36 Bubble Chandelier von PELLE

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Summit Media Unit von Uhuru Design

Made in Brooklyn | Aktuelles

Summit Media Unit von Uhuru Design

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Split Base Table von Uhuru Design

Made in Brooklyn | Aktuelles

Split Base Table von Uhuru Design

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Historisch war in Brooklyn die Fertigungsindustrie ansässig, bis Mitte der 1970er-Jahre die Dienstleister überhand nahmen. Dessen ungeachtet existiert die Infrastruktur mit lokalen, hoch spezialisierten Lieferanten – von Holzlagern über Schlossereien bis zu Mechanikern – bis heute. Das Gewerbe profitiert davon. „Brooklyn besitzt unerschöpfliche wirtschaftliche Ressourcen“, sagt Will Kavesh, der mit Emrys Berkower die Möbel- und Beleuchtungsfirma Token startete. „Wir produzieren den grössten Teil selbst, nur einzelne Komponenten werden ausgelagert.“ Diese Eigenständigkeit ist typisch für Design made in Brooklyn. Sie hat, wie Kavesh zugibt, auch ökonomische Gründe: „Die hiesigen Fabriken können teuer sein und daher lohnt es sich, so viel wie möglich inhouse zu machen.“ Hinzu kommt, dass Design und Produktion in den USA seit langer Zeit Hand in Hand gehen. „Wir haben eine starke Do-it-yourself-Tradition. Die Endherstellung interessiert uns Amerikaner genauso wie der Entwurf.“

Catenary Bar Stool von Token

Made in Brooklyn | Aktuelles

Catenary Bar Stool von Token

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Lemp Pendants von Token

Made in Brooklyn | Aktuelles

Lemp Pendants von Token

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Die Mieten in Brooklyn sind bislang noch relativ günstig. „Manhattan ist für viele Designer zu teuer geworden. Sie ziehen deshalb in Aussenbezirke wie Brooklyn und mieten Lagerhäuser in Vierteln wie Red Hook, Bushwick oder Sunset Park“, erläutert Oliver Pelle. Auch wenn sie es vorziehen, in Brooklyn zu leben und zu arbeiten, bleiben sie von Manhattan abhängig – einem der weltgrössten Absatzmärkte für Möbel. Die meisten Kunden wohnen dort, aber das könnte sich bald ändern. Asher Israelow, der unter seinem Namen massgefertigte Möbel entwirft, die traditionelle Tischlerarbeit mit Messingintarsien in diffizilen geometrischen Mustern kombinieren, beobachtet einen gegenläufigen Trend: „Früher waren fast alle meine Kunden in Manhattan, aber heute Leben viele in Brooklyn.“ Mark de la Vega, Gründer der Luxus-Heimmarke DLV, sieht die Nähe zu Manhattan als Vorteil: „Dort sind unsere Kunden zu Hause. Zehn Minuten durch den Brooklyn-Battery Tunnel und ich bin drüben!“

Anamorphic Console von Asher Israelow

Made in Brooklyn | Aktuelles

Anamorphic Console von Asher Israelow

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Dante Table von Asher Israelow

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Dante Table von Asher Israelow

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Giac Chair von DLV Design

Made in Brooklyn | Aktuelles

Giac Chair von DLV Design

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Nicht zu vergessen die Fachmessen in Manhattan: die Architectural Digest Home Design Show, die Armory Show und Collective Design. Am bekanntesten ist die ICFF, die im Mai stattfindet. „Bei den Messen hat Manhattan eindeutig die Nase vorn“, findet die Designerin Brit Kleinman der Marke AVO, die Teppiche und Polster aus Rindsleder mit starken geometrischen Mustern bedruckt, die von traditionellen Ornamenten aus Guatemala und New Mexico inspiriert sind. (Alle Designer, die in diesem Artikel erwähnt werden, stellen entweder auf der Messe oder an einem der Hotspots der Stadt aus. Zudem werden Sie auch in der brandneuen Architonic Best Brooklyn NY Brands app geführt, die ab Mai erhältlich ist.)

Desert Sand Stripe Leather Pillow von AVO

Made in Brooklyn | Aktuelles

Desert Sand Stripe Leather Pillow von AVO

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Blue Geometric Rug - Full Hide von AVO

Made in Brooklyn | Aktuelles

Blue Geometric Rug - Full Hide von AVO

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Damit sei nicht gesagt, dass Brooklyn selbst keine Messen hat. Den besten Ruf geniesst Bklyn Designs (gegründet 2003) im nördlichen Viertel Greenpoint. „Wir haben letzten Mai dort unser Studio vorgestellt“, erinnern sich Aaron und Heather Shoon, das Ehepaar hinter Pletz, einem Hersteller von gedrechselten Lampen aus FSC-zertifiziertem Kirsch-, Ahorn- oder Nussholz. Das beliebteste Modell ist die Lampe „Delhi“ mit türkis gebeiztem Hals, die von den Shoons als „Neuinterpretation des Nachkriegsdesigns“ angepriesen wird. Pletz produziert Erbstücke – ein in Brooklyn oft gebrauchtes Gütezeichen, das Langlebigkeit und damit Nachhaltigkeit vermitteln soll. Nachhaltigkeit ist ein Hauptanliegen vieler Designer, betont David Gaynor, der bei Uhuru begann und sich dann unter eigenem Namen selbstständig machte. Seine Möbel bezeichnet er als „zeitgenössische Auseinandersetzung mit der Moderne“ (eine Stilepoche, die für viele kreative Geister in Brooklyn verbindlich bleibt): „Wir sehen einen starken Trend zu soliden, umweltfreundlichen Produkten aus Recyclingstoffen. Die Hersteller legen Wert auf Verarbeitungsqualität. Sonst hält das Möbelstück nicht lange und landet wieder auf dem Müll.“

Delhi III von Pletz

Made in Brooklyn | Aktuelles

Delhi III von Pletz

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Marty von Pletz

Made in Brooklyn | Aktuelles

Marty von Pletz

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Inverted Live Edge Table von David Gaynor Design

Made in Brooklyn | Aktuelles

Inverted Live Edge Table von David Gaynor Design

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DGD Lounge Chair von David Gaynor Design

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DGD Lounge Chair von David Gaynor Design

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Der Standort Brooklyn hat allerdings auch Nachteile. „Viele meiner Kunden wollen nicht aus Manhattan raus, um hier in Brooklyn meinen Showroom zu besuchen“, klagt Angel Naula. Ihr gut etabliertes Unternehmen Naula Workshop entwirft massgefertigte Möbel für Prominente wie den Schauspieler Hugh Jackman oder die Sängerin Norah Jones. Die in Greenpoint ansässige Designerin Farrah Sit, deren Lösungen oft mit minimalen Mitteln voluminöse Raumillusionen erzeugen – man nehme etwa ihre Kombination aus Leuchte und Blumentopf „Graphite“ – nennt als weiteren Nachteil die schleichende Gentrifizierung: „Ich möchte um jeden Preis in Brooklyn bleiben, weil ich hier alles, was ich brauche, direkt in der meiner nächsten Umgebung habe. Aber ich weiss nicht, wie lange das noch geht. Makler kaufen links und rechts Grundstücke für neue Wohnsiedlungen auf.“ Die steigenden Immobilienpreise stellen eine echte Existenzbedrohung für die örtliche Kreativszene dar, fürchtet Stefanie Brechbuehler, Mitgründerin von Workstead, einem Spezialisten für Innenarchitektur, Möbel und Beleuchtung. „Teile von Brooklyn sind so teuer geworden, dass die Leute gezwungen sind wegzuziehen. Laut Zeitungsberichten ist das Preisniveau hier höher als in fast allen anderen amerikanischen Städten.“

Abyss Mini von Naula

Made in Brooklyn | Aktuelles

Abyss Mini von Naula

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Plaza Bed von Naula

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Plaza Bed von Naula

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Noir Chair von Farrah Sit

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Noir Chair von Farrah Sit

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Graphite pendant lamps von Farrah Sit

Made in Brooklyn | Aktuelles

Graphite pendant lamps von Farrah Sit

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Chandelier von Workstead

Made in Brooklyn | Aktuelles

Chandelier von Workstead

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Industrial Collection von Workstead

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Industrial Collection von Workstead

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Das war nicht immer so. Der Möbel- und Leuchtendesigner David Weeks, der in den 1990er-Jahren bei Ted Muehling anfing und seine in Brooklyn hergestellten Stücke in Tribeca, Manhattan, verkauft, erinnert sich: „New York hatte damals eine junge Designszene, sehr handwerksorientiert und spezialisiert auf handgefertigte Möbel. Die neue Generation zog während der Rezession nach Brooklyn. Manhattan war unerschwinglich und die Bronx zu weit ab vom Schuss.“ „Ein Faktor war sicherlich die Finanzkrise von 2008“, diagnostiziert Ian Collings von Fort Standard, einem Hersteller minimalistischer Einrichtungsgegenstände mit „Herz für die Handwerkstradition“. „Viele haben ihren Job verloren und vergeblich einen neuen gesucht. Also versuchten sie kurzerhand, ein eigenes Geschäft auf die Beine zu stellen. Sei unabhängig und lerne, wie man Waren schnell auf den Markt bringt. Jetzt, wo sich die Konjunktur erholt und wir wertvolle Erfahrungen gesammelt haben, können wir endlich gezielt unser Wachstum forcieren.“

Kopra Standing Lamp No 316 von David Weeks Studio

Made in Brooklyn | Aktuelles

Kopra Standing Lamp No 316 von David Weeks Studio

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Loop & Hook Standing Lamp No 308 von David Weeks Studio

Made in Brooklyn | Aktuelles

Loop & Hook Standing Lamp No 308 von David Weeks Studio

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Sprue Candelabra 1 und Sprue Candelabra 5 von Fort Standard

Made in Brooklyn | Aktuelles

Sprue Candelabra 1 und Sprue Candelabra 5 von Fort Standard

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Sprue Candelabra 4 von Fort Standard

Made in Brooklyn | Aktuelles

Sprue Candelabra 4 von Fort Standard

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Slogans wie „Made in Brooklyn“ und „Brooklyn Brands“ sollen das lokale Designangebot und seine Ästhetik auf einen gemeinsamen werbewirksamen Nenner bringen. Nicht alle finden das gut. „Das suggeriert doch bloss ein karikaturartiges Bild von klotzigen handgemachten Recyclingmöbeln. Dabei wird hier in Brooklyn so viel mehr gemacht und vieles davon ist technisch extrem ausgereift“, findet Mat Driscoll, Gründer der Möbelmarke Bellboy. „Auf Fachmessen kommen Leute zu mir, die meinen, Brooklyn müsse ein Märchenland für Designer sein“, kommentiert ein anderer Designer. „Du machst deinen Abschluss, gründest dein Studio und ab die Post. Aber so einfach geht das nun auch wieder nicht. Klar, das Klima hier ist echt kreativ, aber bei Weitem nicht so utopisch, wie sich das manche vorstellen.“

Cirque Mirror von Bellboy

Made in Brooklyn | Aktuelles

Cirque Mirror von Bellboy

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Chairs Academy von Bellboy

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Chairs Academy von Bellboy

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Nichtsdestotrotz sind viele Designer wie Jason Miller, dessen Studio Roll & Hill polierte Leuchten aus Messing, Bronze, Leder, Stricken und mundgeblasenem Glas herstellt, stolz darauf, zur Szene zu gehören: „Brooklyn ist einmalig. Alle möglichen kulturellen Einflüsse laufen hier zusammen. Die meisten Leute, die ich treffe, machen etwas Kreatives, sei es in der eher kommerziellen Werbebranche, in der Gastronomie oder eben im Design.“

Agnes candelabra hanging 10 candles bronze von Roll & Hill

Made in Brooklyn | Aktuelles

Agnes candelabra hanging 10 candles bronze von Roll & Hill

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Modo chandelier 21 globes bronze smoke von Roll & Hill

Made in Brooklyn | Aktuelles

Modo chandelier 21 globes bronze smoke von Roll & Hill

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EVENTS AND SHOWROOMS DURING NEW YORK DESIGN WEEK

1. Pelle
ICFF, booth 1144

2. Uhuru
ICFF, booth 1448
Uhuru Showroom
74 Franklin Street
New York, NY 10013
Opening hours: May 16th–19th, 10am–6pm
Shuttles going between Javits Centre & showroom

3. Token
WantedDesign Manhattan
Terminal Stores, 269 11th Avenue
New York, NY 10001
Opening hours: May 5th-18th, page 15

4. Asher Israelow
Brooklyn Navy Yard, Building 3, 11th floor
Brooklyn, NY 11205
Studio visits by appointment: +1 914.413.9925

5. DLV
WantedDesign Manhattan
Terminal Stores, 269 11th Avenue
New York, NY 10001
Opening hours: May 15th–19th, page 15

SELECT Contemporary Art Fair Center 548
548 W. 22nd Street
New York, NY 10011
Opening hours:
May 15th, 2pm–10pm
May 16th, 12pm–10pm
May 17th, 12pm–6pm

6. AVO
Sightunseen Offsite @ Hudson Mercantile building
500 West 36th Street
New York, NY 10018
Opening hours:
May 15th, 12pm-7pm
May 16th-19th, 11am-7pm

7. Pletz @ David Gaynor
ICFF, booth 1047

8. David Gaynor
ICFF, booth 1047

9. Naula
ICFF, booth 2218

10. Farrah Sit
Colony, the designer‘s co-op
324 Canal Street, 2nd Floor
New York, NY 10013
Opening hours: May 4th–29th, 12pm–6pm
Cocktail party: May 14th, 6pm–10pm

11. Workstead
ICFF, booth 1962

12. Fort Standard
175 Van Dyke street, unit 325B
Brooklyn, NY 11231
Studio visits by appointment: +1 718.576.2204

13. David Weeks Studio 38 Walker Street
New York, NY 10013
Cocktail party: May 14th, 6pm–9pm

14. Bellboy
WantedDesign Manhattan
Terminal Stores, 269 11th Avenue
New York, NY 10001
Opening hours: Fri–Mon, page 15

WantedDesign Brooklyn
274 36th Street, Sunset Park
Brooklyn, NY 11232
Opening hours: May 9th–19th, page 15

15. Roll & Hill
The Future Perfect
55 Great Jones Street
New York, NY 10012
Opening hours: Mon–Fri 10am–7am, Sat–Sun 11am–7pm
Cocktail: 16th, Wonder Room Opening 7pm–9pm
Cocktail: 7th, Roll & Hill 2015 Collection 6.30pm–9pm
Coffee with Jason Miller: 18th, 9.30am–12pm

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