Seit zwanzig Jahren legt der japanische Möbelhersteller Kitani, der sich traditionellen Handwerkstechniken zutiefst verpflichtet fühlt, ausgewählte Klassiker dänischer Designkultur aus der Mitte des 20. Jahrhunderts wieder auf. An diesen erfreuen sich Designliebhaber weltweit.

Ost trifft West: Japanische Handwerkskunst erweckt dänische Möbelklassiker aus der Mitte des 20. Jahrhunderts wieder zum Leben. Mit freundlicher Genehmigung von Kitani

From Japan with Love: Kitanis dänische Designklassiker | Aktuelles

Ost trifft West: Japanische Handwerkskunst erweckt dänische Möbelklassiker aus der Mitte des 20. Jahrhunderts wieder zum Leben. Mit freundlicher Genehmigung von Kitani

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Was macht ein Objekt zum Designklassiker?

Ist es Langlebigkeit? Popularität? Kultstatus? Eine Antwort auf diese Frage fällt noch schwerer, wenn man sie auf jahrzehntealte Entwürfe anwendet, die einst der Kreativität und Hingabe passionierter Gestalter entsprungen sind. Dann jedoch irgendwann nicht mehr hergestellt wurden bzw. in den Archiven der Designgeschichte verschwanden, weil sich die Wirtschaftslage geändert hatte, sie nicht mehr dem Trend entsprachen oder weil sie neu aufkommende ergonomische Ansprüche nicht mehr erfüllten. Kann die Tatsache, dass ein bestimmtes Möbelstück schon lange nicht mehr produziert wird und demzufolge auch aus der Konsumkette verschwunden ist, verhindern, dass es den Status eines echten Designklassikers erlangt? Vielleicht. Vielleicht aber auch nicht. Das Einzige, was sich beim heiklen Thema der Festlegung von Kriterien für einen Designklassiker mit Bestimmtheit sagen lässt, ist, dass es keine absoluten Antworten gibt. Keine klassische Lösung also.

Der für seine Wertschätzung traditioneller Handwerkstechniken bekannte japanische Möbelhersteller Kitani legte seiner Entscheidung, einige der interessantesten dänischen Möbeldesigns aus der Mitte des 20. Jahrhunderts neu aufzulegen, weniger einen etwaigen Kultstatus, sondern einen intuitiven, emotionalen Reflex zugrunde. „Uns gefiel das dänische Design wegen seiner großen Schönheit, nicht nur in optischer Hinsicht, sondern auch in der Nutzung“, so die Erklärung des Geschäftsführers Shogo Higashi. „Das Design ist sehr einfach gehalten und besticht sowohl durch praxistaugliche als auch künstlerische Qualitäten.“ Dem lässt sich bei einem Blick in den Katalog des Unternehmens angesichts der Stühle, Sessel, Sofas, Tische und Sideboards von so illustren Designern wie Finn Juhl, Ib Kofod-Larsen und Jacob Kjaer, die von den Japanern mit dem Fokus auf höchste Handwerkskunst zu neuem Leben erweckt wurden, kaum etwas entgegensetzen.

Finn Juhl ist nur einer von mehreren dänischen Designgrößen, die durch Kitanis erfahrene Meister wiederauferstehen. Hier sein „FJ-01 Easy Chair“ (1953)

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Finn Juhl ist nur einer von mehreren dänischen Designgrößen, die durch Kitanis erfahrene Meister wiederauferstehen. Hier sein „FJ-01 Easy Chair“ (1953)

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Kulturelle Übereinstimmungen und ähnliche Befindlichkeiten sind hilfreich. Higashi: „In seiner Essenz ist das dänische Design dem sehr ähnlich, was japanische Handwerkskunst ausdrückt. In beidem findet sich Herzenswärme und Rücksicht auf den Nutzer. Wir möchten, dass unsere Arbeiten hohen Komfort bieten.“ Dieser Komfort der Produkte geht Hand in Hand mit dem Kernwert des 25-köpfigen Kitani-Teams (das zu einer Hälfte aus Tischlern und zur anderen aus Polsterern besteht), dass das in ein Produkt investierte handwerkliche Können, Zeit und Mühe ihm einen echten und nachhaltigen Mehrwert verleihen. „Der Arbeitsethos unserer Tischler und Polsterer sowie die Fachkompetenz und Wertschätzung für das Material drücken sich in der hohen Qualität der Objekte aus. Diese spiegeln die Meisterschaft und die innere Haltung des Einzelnen wider, aber auch den Respekt, den sie für das, was sie herstellen, empfinden.“

Ib Kofod-Larsens im Jahre 1956 eingeführte „IL-01 Easy Chair“. Dänisches Design zeichnet sich sowohl durch „Praxistauglichkeit als auch hohe Kunstfertigkeit aus“, so Kitanis Geschäftsführer Shogo Higashi

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Ib Kofod-Larsens im Jahre 1956 eingeführte „IL-01 Easy Chair“. Dänisches Design zeichnet sich sowohl durch „Praxistauglichkeit als auch hohe Kunstfertigkeit aus“, so Kitanis Geschäftsführer Shogo Higashi

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Und in Sachen Respekt und Rücksichtnahme hat Kitani jede Menge Erfahrung vorzuweisen. Das Unternehmen besteht seit mehr als 50 Jahren und begann einst als Polsterei und Zulieferer von vorgefertigten Schaumstoffelementen für Möbelfirmen. Im Jahr 1990 präsentierte das Unternehmen seine erste eigene Möbelkollektion und ließ sich zwei Jahre danach von dänischem Design verführen. „Im Laufe der Jahre haben wir viele Reisen nach Dänemark unternommen“, so Higashi, „und jedes Mal fanden wir mehr dänische Möbel und brachten sie mit uns nach Japan. Dort nahmen wir sie auseinander, untersuchten sie, setzten sie wieder zusammen und erhielten so Aufschluss über ihre Konstruktionsprinzipien.“ Von da an dauerte es nur noch wenige Jahre (bis 1996, um genau zu sein), bis Kitani seine ersten Lizenzen für die Produktion dänischer Möbel erwarb, nämlich für Entwürfe von Ib Kofod-Larsen und Jacob Kjaer, die ursprünglich von Christensen/Larsen A7S hergestellt worden waren. Dabei wurden sie von einigen dänischen „Snedkermesters“ (Tischlermeistern) hinsichtlich Fachwissen und Verfahrenstechniken geschult. Nachdem dieser Produktionszweig erfolgreich gestartet war, folgten weitere Lizenzen. „Wir wurden anderen Lizenzinhabern vorgestellt, die daran interessiert waren, ihre Möbel neu aufzulegen. Allerdings war unsere Geschäftsidee zu jener Zeit noch alles andere als lukrativ. Es ging vielmehr darum, wunderschöne Möbelentwürfe wieder auf den Markt zu bringen und die beeindruckende Tradition der dänischen Möbelmacher mit ihrer Fachkompetenz und ihrer Kultur in Japan weiterleben zu lassen.“

Geschäftsführer Shogo Higashi: „In seiner Essenz ist dänisches Design der japanischen Handwerkskunst sehr ähnlich, beide verbinden Herzenswärme mit Rücksicht auf den Nutzer. Wir möchten unsere Arbeiten für den Nutzer komfortabel gestalten“

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Geschäftsführer Shogo Higashi: „In seiner Essenz ist dänisches Design der japanischen Handwerkskunst sehr ähnlich, beide verbinden Herzenswärme mit Rücksicht auf den Nutzer. Wir möchten unsere Arbeiten für den Nutzer komfortabel gestalten“

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Doch wie nicht anders zu erwarten, stellte sich nach und nach auch der finanzielle Erfolg ein, denn die breit gefächerte Kundschaft (von Privatleuten, Architekten und Planern im Objektbereich mit seinen Hotels, Restaurants, Büros und dem Einzelhandel) erkannte, welchen Gegenwert sie für ihr Geld erhielt: ein Stück Designgeschichte, elegant und dennoch außerordentlich komfortabel, von Hand mit Fingerspitzengefühl und ohne jegliche Computerunterstützung gefertigt, aber nichtsdestotrotz technisch vollständig auf der Höhe der Zeit. „Unsere Produkte sind wesentlich stabiler als die Originale“, unterstreicht Higashi. „Dennoch bleiben wir den ursprünglichen, natürlichen Materialien treu. Wir berücksichtigen auch eine eventuell in einigen Jahrzehnten erforderliche Restaurierung oder Umgestaltung der Möbel.“ Doch wahrscheinlich denken die Besitzer der sehr sorgfältig gearbeiteten Kitani-Möbel noch lange nicht an eine Überholung, so langlebig sind die Objekte in ihrer optischen Wirkung und im Komfort. Gibt ein Kunde – egal ob aus Europa, Nordamerika oder Asien – bei Kitani eine Bestellung auf, wird jedes Stück eigens für ihn hergestellt. Er wird dadurch wahrhaft zum Eigentümer.

Der Teufel steckt im Detail: die Sessel „IL-10 Easy Chair“ (ganz oben) und „IL-08 Chair“ (oben), beide entworfen von Ib Kofod-Larsen (1950)

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Der Teufel steckt im Detail: die Sessel „IL-10 Easy Chair“ (ganz oben) und „IL-08 Chair“ (oben), beide entworfen von Ib Kofod-Larsen (1950)

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Kitani mag mit diesem Geschäftsmodell das „Goldene Zeitalter des Designs“ wieder auflegen, verliert dabei jedoch die Zukunft nicht aus den Augen. So soll die Herstellung ausgewählter Designobjekte aus der Mitte des 20. Jahrhunderts zwar fortgesetzt werden und um einige weitere Lizenzen bereichert werden („es bedeutet uns sehr viel, dass wir dänisches Design und die damit zusammenhängenden Herstellungsverfahren an kommende Generationen weitergeben können“), darüber hinaus will das Unternehmen aber auch die Erweiterung seiner hauseigenen Kollektion vorantreiben und geht dafür auf der ganzen Welt Partnerschaften mit zeitgenössischen Designern ein, die Kitanis Denkweise und innere Haltung teilen: kreative Köpfe, die mit der Stofflichkeit eines Materials in einen stillen Dialog treten. „Natürliche Materialien erfordern, dass man sich gründlich mit ihnen auseinandersetzt. Wie lässt sich ein bestimmtes Material so nutzen und gestalten, dass es bestmöglich zur Geltung kommt? Ein Prozess, der ebenso wichtig wie unerlässlich ist.“

„Es bedeutet uns sehr viel, dass wir dänisches Design und die damit zusammenhängenden Herstellungsverfahren an kommende Generationen weitergeben können“, so Geschäftsführer Shogo Higashi. Hier abgebildet: Finn Juhls „FJ-02 Sofa“ (1953)

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„Es bedeutet uns sehr viel, dass wir dänisches Design und die damit zusammenhängenden Herstellungsverfahren an kommende Generationen weitergeben können“, so Geschäftsführer Shogo Higashi. Hier abgebildet: Finn Juhls „FJ-02 Sofa“ (1953)

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