Mit der Eröffnung des neuen ‚VitraHaus’, einem architektonisches Meisterwerk der Basler Architekten Herzog & de Meuron, ist es Vitra wieder einmal gelungen, ihren Firmensitz in Weil am Rhein in den Blickpunkt weltweiten Interesses zu rücken.

‚Die meisten Städte sind schöner, wenn sie mit Schnee bedeckt sind; doch hier verdeckt der Schnee die Schönheit. Der immense Aufwand, der geleistet wurde, bleibt deshalb verborgen’, erklärt Jaques Herzog, scheinbar unzufrieden mit den klimatischen Gegebenheiten. Die Crème de la Crème des internationalen Architekturjournalismus hat sich im deutschen Weil am Rhein in der Nähe von Basel versammelt. Jaques Herzog, der eloquentere Partner des mit dem Pritzker-Preis bedachten Architekturbüros Herzog & de Meuron, ist darauf bedacht, die Anwesenden auf keinen Fall mit einem unvollständigen Eindruck des Projektes aus der Pressekonferenz zu entlassen.
Dass ausgerechnet das Wetter als unkontrollierbarer Faktor eine Rolle bei der Eröffnung des VitraHaus spielen soll wirkt jedoch ironisch angesichts des professionell durchorganisierten Anlasses.

VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

Das neue VitraHaus | Aktuelles

VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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Die Firma Vitra als Bauherr ist nicht nur seit langem ein führendes Unternehmen im designorientierten Büro- und Wohnmöbelmarkt; der Name des Unternehmens ist auch eng verknüpft mit kulturellem Engagement. Dies manifestiert sich sowohl im weltberühmten Vitra Design Museum von Frank Gehry, wie auch in den erstklassig kuratierten Wanderausstellungen und zahlreichen Publikationen zum Thema Design und Architektur.

Die Architekten Herzog & de Meuron haben nicht nur in Basel Rang und Namen sondern zählen zu den besten zeitgenössischen Architekturbüros weltweit. Sie reihen sich nahtlos in die Reihe des architektonischen ‚Walk of Fame’ auf dem Vitra Campus ein:
Zaha Hadid, Tadao Ando, Nicholas Grimshaw, Alvaro Siza und selbstverständlich Frank Gehry.
Jedes der Gebäude hat eine andere Formensprache, doch stehen sie in einem gemeinsamen räumlichen Dialog.
‚Wir wollten keinen Architekturzoo, sondern ein Ensemble’, konstatiert Rolf Fehlbaum, Sohn des Vitra-Gründers Willy Fehlbaum.

VitraHaus von Herzog & de Meuron mit dem Vitra Museum von Frank Gehry im Hintergrund; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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VitraHaus von Herzog & de Meuron mit dem Vitra Museum von Frank Gehry im Hintergrund; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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Rolf Fehlbaum beschreibt das VitraHaus als einen Art Heimkehr. Seit der Einführung der Vitra Home Collection 2004 wird die Firma erstmals einen Showroom auf dem Produktionsgelände haben, der für alle Vitra Campus Besucher zugänglich ist. Das VitraHaus soll nicht Platz für ein Museum, einen Shop oder einen Showroom bieten, sondern eine Kombination davon beherbergen und vor allem Möbeln für den privaten, also häuslichen Gebrauch gewidmet sein. Die Architektursprache des Gebäudes verdeutlicht dies, indem sie mit dem archetypischen Zeichen des Hauses spielt - ein Dreieck für den Giebel, der auf einem Kästchen, das die Wände symbolisiert, sitzt.

Für den Entwurf des VitraHaus wurden diese zweidimensionalen Zeichen zu Volumen extrudiert und in verschiedenen Winkeln übereinander gestapelt. Dies gibt dem Gebäude ein sehr graphisches Aussehen. Alle Aussenflächen des extrudierten Körpers, wie Dach, Aussenwände und Unterseite sind von einer graphitfarbenen ‚Haut’ überzogen, was den konturenhaften Ausdruck des Baus noch verstärkt.
Die verglasten Fronten der einzelnen Volumen bilden die eigentliche Fassade. Wird das Gebäude bei Nacht erleuchtet, treten die dunklen Bauteile zurück. Die hell erleuchteten Fensterfronten werden hingegen zu Vitrinen, die uns einladen, das reich bestückte Innenleben zu bestaunen.

Blick in die ´Vitrine´Gallerie im VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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Blick in die ´Vitrine´Gallerie im VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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An den Überschneidungen der einzelnen fünfstöckig gestapelten ‚Häusern’ - mit teilweise dramatischen Auskragungen - entstehen überwältigende Innenräume. Ihre Grösse variiert zwischen Wohnzimmer und Halle. Die Bewegung des Besuchers durch das Gebäude erfolgt von oben nach unten: Der Besucher fährt mit dem Lift in die oberste Etage und erkundet die verschiedenen Ebenen über Treppen von oben nach unten.

Blick ins Interieur des VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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Die Erkundung des labyrinthischen Inneren ist ein architektonische Erlebnis: Es bieten sich grossartige Ausblicke auf die anderen Bauten des Vitra Campus und in das Dreiländereck Frankreich-Schweiz-Deutschland. Die überraschenden Momente für den Besucher spiegeln für Herzog & de Meuron den kreativen Prozess beim Entwurf des Gebäudes wider. Sie beschreiben die Konfiguration des VitraHauses als eine Ergebnis einer Stapelung der einzelnen Häuser, durch das sich die Räume bilden.
Die so entstandenen Räume werden von den Architekten bewertet, wie gut sie für den Bauherrn zu gebrauchen sind.

Blick ins Interieur des VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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Rolf Fehlbaum reizt die Metapher des Heims und die Idee des Heimkommens in jeder Hinsicht aus: Das VitraHaus wird auch als eine Heimkehr hinsichtlich der Vergabe des Auftrages präsentiert, nämlich an ein lokales Architekturbüro der ‚alten Bekannten’ Herzog & de Meuron statt an internationale Architekten wie Hadid oder Ando. Heimat ist auch der Standort Weil am Rhein selbst. Oft wird die Frage gestellt: ’Warum steht das Gebäude hier?.’ Die Antwort Fehlbaums darauf lautet stets: ‚Weil wir von hier sind. Wir produzieren hier.’

Blick ins Interieur des VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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Blick ins Interieur des VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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Der Vitras Hauptsitz befindet sich jenseits der Grenze in Basel. Die Produktionsstätte auf der deutschen Seite hat durch Ihren ‚Erlebnispark’ an Architektur-Attraktionen (abgesehen von den Bauten berühmter Architekten finden sich dort noch Objekte wie eine geodätischen Kuppel von Buckminster Fuller, einer Tankstelle von Prouvé und einer Bushaltestelle von Jasper Morrison) an Bedeutung in der Design Szene und in der allgemeinen Öffentlichkeit gewonnen: Vitra zählt 100.000 Besucher pro Jahr.
Das VitraHaus steigert die Attraktivität der Design-Pilgerstätte Weil und zielt auf noch höhere Besucherzahlen. Vorbild ist das Beyeler-Museum mit 250.000 Besuchern im Jahr.

Auf den ersten Eindruck fungiert das am Eingang des Areals positionierte Gebäude als Willkommenszeichen. Ausser seiner Funktion eines Markenzeichens und PR-Mittels ist das Projekt ein cleveres Geschäftsmodell. Warum sollte man in einem wirtschaftlich schwierigen Klima Unsummen für teure Messeauftritte ausgeben, wenn die Kunden vor Ort in den eigenen Showroom eingeladen werden können und das Markenerlebnis viel kontrollierbarer ist? Das VitraHaus stellt im übrigen keine Konkurrenz für das bestehende Vitra Fachhandelspartner dar: Der Besucher erhält einen digitalen Schlüssel, mit dessen Hilfe eine Wunschliste erstellt werden kann, die auf die jeweiligen Händler verweist.
‚Wir sind ein wirtschaftlich orientiertes Unternehmen’, erinnert Fehlbaum.

Blick in den Hof des VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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Blick in den Hof des VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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Plangemäss soll das VitraHaus die Besucher dazu ermutigen, seien es Händler, Endkunden oder kulturell Interessierte, den ganzen Tag auf dem Firmengelände zu verbringen.
In den verschiedenen Räumen werden Möbel und Objekte (unter anderem von Charles & Ray Eames, George Nelson, Isamu Noguchi, Jean Prouvé and Verner Panton, wie auch zeitgenössischen Designern wie Ronan & Erwan Bouroullec, Hella Jongerius, Jasper Morrison, Maarten Van Severen, Antonio Citterio u.a.) in arrangierten Wohnsituationen inszeniert.
Ein ‚Farblabor’ wurde erstellt um den Besuchern die knifflige Aufgabe der Farbwahl zu erleichtern. Oben befindet sich ein Kinderbereich und – direkt am Eingang natürlich- ein Shop.

Die Vitrine im VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright (www.vitra.com)

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Die Vitrine im VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright (www.vitra.com)

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Den Haupteingang erreicht man durch ein kleines Atrium mit Lärchenboden, das durch die Überschneidungen des Gebäudes entsteht. Daneben befindet sich ein kleiner Gallerieraum, der sich die ‚Vitrine’ nennt. Er zeigt eine kleine aber feine Auswahl industriell gefertigter Stühle aus dem 19. und 20. Jahrhundert, den ‚Masterpieces’ aus der Sammlung von Herrn Fehlbaum.
Die beiden unverglasten Wandseiten des Vitrinenhauses sind konvex und neigen sich wie zu einer Verbeugung der Artefakte im Inneren. Gleichzeitig bilden die geneigten Wände Sitzbänke für die Besucher aussen.

VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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VitraHaus von Herzog & de Meuron; Fotograf Iwan Baan, copyright Vitra (www.vitra.com)

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‚Wir wollen Gebäude, die aufregend sind und sich ins Gedächtnis der Menschen einprägen. Das haben wir erreicht.’ sagt Rolf Fehlbaum über die Architektursammlung, die Vitra in Weil wortwörtlich aufgebaut hat. Mit dem VitraHaus hat sich Vitra ein neues Wahrzeichen erschaffen. Es ist die Architektur-Ikone eines der renommiertesten Designmöbel-Herstellers.
In funktionaler Hinsicht bietet das Gebäude viel Platz. Der wohnliche Massstab der Räume präsentiert die Objekte in einem ‚heimeligen’ Kontext. Dem Besucher fällt es so leichter, sich das Objekt bei sich Zuhause vorzustellen. So ermöglicht es die Architektur, in einer bereits interessierte Klientel das Bedürfnis zum Kauf zu erwecken.
Es gab schon bessere Zeiten für die Firma und Rolf Fehlbaum erklärt: ‚Die Wirtschaftskrise hat Vitra schwer getroffen. 2009 war kein gutes Jahr. Gebäude haben bei Vitra jedoch immer wieder grosse Veränderungen hervorgerufen. Sie geben uns eine Perspektive.’
Dieses Haus möge also die neue Heimat kaufkräftiger Kunden werden.