'Wir haben also diesen wundervollen Auftrag bikommen auf Kreta ein Haus zu renovieren und - sollte der Eigentümer unsere komplett fehlenden Umbauerfahrungen übersehen - auch die Möbel dafür zu entwerfen.'

'Wir haben also diesen wundervollen Auftrag bekommen auf Kreta ein Haus zu renovieren und - sollte der Eigentümer unsere komplett fehlenden Umbauerfahrungen übersehen - auch die Möbel dafür zu entwerfen.'

Benjamin Lignel, Frankreich und Athanassios Babalis, Griechenland

Cretan Project | Aktuelles

Benjamin Lignel, Frankreich und Athanassios Babalis, Griechenland

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Hausschema mit den zugeordneten Bereichen

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Hausschema mit den zugeordneten Bereichen

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Haben Sie vorher schon einmal zusammen gearbeitet oder hat die Zusammenarbeit erst mit diesem Projekt begonnen?

Wir trafen uns Mitte der neunziger Jahre am Royal College in London: Ben machte 1995 seinen Universitätsabschluss und ich 1996, aber wir haben uns gut verstanden und blieben auch während unserer unterschiedlichen Karrieren in Kontakt. Benjamin blieb in London und arbeitete für eine Möbelgalerie als Produktionsleiter, bevor er sein eigenes Unternehmen gründete, während ich nach New York ging, um dort für Dakota Jackson zu arbeiten. Es herrschte immer eine gute Stimmung zwischen uns beiden, aber abgesehen von gelegentlichen Brainstormings bei RCA haben wir eigentlich nie zusammengearbeitet, bis Ben diesen Auftrag erhielt und er eine Kooperation anbot. Es war eigentlich wie ein Spiel: Wir wussten, dass wir über weite Distanzen hinweg kooperieren mussten und dass wir Ingenieure vor Ort für die Renovierungsarbeiten beauftragen mussten.
Letztendlich wurde die Frage der Distanz zu einem Bestandteil des Projektes und bestimmte die Art wie es heute aussieht: Diese Distanz zwang uns irgendwie dazu „global” zu denken und eine Produktionsweise anzusteuern, die für eine so kleine Produktion eigentlich „kontra-intuitiv“ sein musste - das Mobiliar wurde teilweise in Frankreich und Thessaloniki hergestellt. Aber dieses Spiel hat sich gelohnt, da wir es geschafft haben, eine limitierte Auflage zu einem relativ niedrigen Preis herzustellen, indem wir teilweise industrielle Produktionsmethoden integriert haben. Daher wurde diese Herausforderung nach meiner Ansicht letztlich zu einer Kostbarkeit.

Küche, Blick auf das Atrium von oben, die Terasse im Hinterhof, Schreibtisch im Gästezimmer

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Küche, Blick auf das Atrium von oben, die Terasse im Hinterhof, Schreibtisch im Gästezimmer

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Eine komplette Serie von Möbeln für ein Haus oder für einen privaten Kunden zu entwerfen ist ziemlich ungewöhnlich – wie kamen Sie dazu?

Es ist ungewöhnlich für ein so kleines Team: Größere Architekturbüros tun dies immer wieder und machen aus ihren Ausgaben für Forschung und Entwicklung ein gutes Geschäft, indem sie verschiedene Versionen der Original-Designs an verschiedene Kunden verkaufen. In unserem Fall scheint die künstlerische Freiheit, die uns zugestanden wurde, den enormen Zeitaufwand für die Entwicklung zu rechtfertigen. Das Design des gesamten Mobiliars gehörte nicht zu der ursprünglichen Vereinbarung aber als der Entwurf für das Haus Fortschritte machte, hat der Kunde nach meiner Ansicht eingesehen, dass ein Design für Haus und Möbel durch das gleiche Team einen einzigartigen und kohärenten Ausdruck darstellen würde und dass es die zusätzlichen Ausgaben rechtfertigt.

Blick ins Gästezimmer

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Blick ins Gästezimmer

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Die Küche und der Essbereich

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Die Küche und der Essbereich

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Wie lange haben Sie an diesem Projekt gearbeitet?

Wir haben an dem ursprünglichen Konzept einige Monate gearbeitet und dann die zwölf verschiedenen Modelle im Laufe eines Jahres ausgearbeitet. Wir haben uns normalerweise in Kreta getroffen, um den Fortgang von Abriss und Renovierung zu überwachen, die Konzepte für das Mobiliar zu besprechen, um dann zuhause daran weiter zu arbeiten, wobei wir das Internet eifrig genutzt haben, um unsere Ideen und Lösungen auszutauschen. Wir haben die meiste Zeit am Entwurf für den Esstisch verbracht – wir wussten, dass er zum zentralen Bestandteil des am häufigsten genutzten Raums werden würde und wollten die visuelle Wirkung und die technische Machbarkeit der Kombination von Metall und Holz testen. Die Herstellung und Montage der Tischbeine war eine besondere Herausforderung, und wir arbeiteten alleine an diesem Detail während einer Dauer von sechs Monaten. Während dieser Zeit lernten wir sehr erfolgreich mit der räumlichen Geometrie von gefalztem Metall umzugehen und die anderen Teile waren leichter zu entwerfen.

Die Metallbeine für den Esstisch produziert von TPU (Frankreich)

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Die Metallbeine für den Esstisch produziert von TPU (Frankreich)

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Die Presse für die Formsperrholzelemente der Stühle in Aktion - alle Holzelemente wurden von Kazakis A.E. (Giechenland) produziert

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Die Presse für die Formsperrholzelemente der Stühle in Aktion - alle Holzelemente wurden von Kazakis A.E. (Giechenland) produziert

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Die Kollektion mit ihrer Kombination aus Holz und farbigen Metall-Elementen wirkt sehr modern, leicht und kraftvoll. Was war der entscheidende Faktor für dieses Konzept – besonders im Kontext dieses Hauses?

Unsere Arbeitshypothese war, dass dieses Haus von der Familie und deren Freunden nur sporadisch als Ferienhaus genutzt wird und dass es lange Phasen geben wird, in denen es unbewohnt ist. Anstatt vorzugaukeln, dass es ein ständiger Wohnsitz der Familie ist, entschieden wir uns, mit der Vorstellung der Rotation von Besuchern zu spielen und diesen Parameter in den Designprozess zu integrieren. Daher entschlossen wir uns dazu, dieses Haus und seine Einrichtung so zu gestalten, dass einen alles auch bei einem ersten Besuch willkommen heißt und benutzerfreundlich angelegt ist. Daher haben wir für die Möbel diese bunten Farben für das Metall gewählt und mit Holz kombiniert - so wirken sie fast wie Kindermöbel! Jeder Raum erhielt einen dominierenden Farbton, aber enthält auch ein Möbelstück in einer anderen Farbe. Dies suggeriert, dass Besucher im Laufe der Zeit Möbelstücke im Haus hin- und herbewegt haben: Wir wollten etwas zu kohärentes und eine Kennfarbe vermeiden. Die unharmonische zweite Farbe spielt die Rolle des hässlichen Entchens in einer ansonsten „durchgeplanten“ Produktion.

Schreibtisch im Schlafzimmer des Besitzers

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Schreibtisch im Schlafzimmer des Besitzers

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Schließlich haben wir beschlossen, ein kleines Monument für “liegengelassene Bücher” zu schaffen: Sommerlektüre, die am Flughafen gekauft und nicht mitgenommen wurde, die am Strand strapaziert wurde in gemieteten Sommerresidenzen. Wir liebten die Vorstellung eines Bücherregals, dass diese misslungene Zusammenstellung von Krimis und Romantik präsentieren würde: das Ergebnis wurde an hervorgehobener Stelle in der Küche platziert und präsentiert auf seinen Metallstreben das absurde Inhaltsverzeichnis eine Buches von Georges Perec und zählt Wörter, Menschen und Orte auf, die sich in großer Distanz befinden, aber emotional eng verbunden sind, die unbedeutend oder bedeutungsvoll sind, die aber keinen gemeinsamen Nenner haben außer der Tatsache, dass sie auf der gleichen Liste stehen: ein wenig wie die Bücher, die Leute nach unserer Ansicht hier liegen lassen.

Detail des Regals im Essbereich

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Detail des Regals im Essbereich

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War es von Anfang an klar, dass Ihr Kunde der Idee zustimmen würde, diese Kollektion zu produzieren und zu vertreiben?

Nein, aber es war auch nicht klar, dass wir etwas produzieren würden, dass so eindeutig eine “Produktpalette” würde und für eine serielle Produktion und den Vertrieb so leicht zu adaptieren war. Wir glauben, das unterstreicht ein besonderes Interesse, das wir gemeinsam haben: Obwohl dieses Projekt als Produktion einer Kleinserie begann, liebten wir die zusätzliche Herausforderung, die maschinelle Reproduktion einzuplanen, d.h. so zu gestalten, als ob es in einer Fabrik hergestellt würde. Es hätte zu einer teuren (und ruinösen) Vorstellung werden können, aber wir haben mit Herstellern kooperiert, die garantierten, dass sich die Produktionskosten nicht vervielfachen würden. Und das Ergebnis ist, wie der Kunde bestätigt, hervorragend geeignet, für den Vertrieb. Wir glauben, er wäre sehr erfreut, die ersten Prototypen einer erfolgreichen Produktlinie zu besitzen: Ohne ihn wäre dies letztendlich alles nicht zustande gekommen.