Die grossen, traditionellen Autokonzerne fanden in letzter Zeit mit neuen Firmenarchitektur-Konzepten ein wirksames Marketing-Instrument: Grosse Museen und Auslieferungsgebäude, die direkt neben den Werken entstanden sind und in denen der Kunde eine idealisierte Auto-Erlebniswelt erfahren kann.

Die grossen, traditionellen Autokonzerne fanden in letzter Zeit mit neuen Firmenarchitektur-Konzepten ein wirksames Marketing-Instrument: Grosse Museen und Auslieferungsgebäude, die direkt neben den Werken entstanden sind und in denen der Kunde eine idealisierte Auto-Erlebniswelt erfahren kann, transportieren die Markenwerte der grossen Automarken mittels atemberaubender Corporate Architektur, von den berühmtesten Architekten unserer Zeit erbaut: Coop Himmelb(l)au errichtete das neue BMW Museum in München, UNStudio das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart, gleich daneben in Zuffenhausen bauten zuletzt Delugan Meissl aus Wien das Porsche Museum. Diese Bauten haben jedoch eines gemeinsam: Es handelt sich um dynamische Entwürfe für statische Autos – Autos, die kaum bewegt werden.

Was ist mit den Bauten, die für das fahrende Auto geschaffen wurden? Gebäude, in denen wir pausieren, tanken, waschen und parken?

Wir legen hier den Fokus auf Tankstellen, Raststätten, Parkhäuser und Waschstrassen gelegt, die zur Bühne für den Automobilisten und sein Fahrzeug werden.

Eine wahrhafte Bühne befindet sich auch im ersten Stock der in Zürich entstandenen Waschstrasse Tiefenbrunnen, gestaltet vom Zürcher Architekturbüro atelier ww.

Foto: Roger Frei

Carchitecture | Aktuelles

Foto: Roger Frei

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Foto: Roger Frei

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Über dem bedienten Autopflege-Center befindet sich eine Zigarren-Lounge mit Piano-Bar und Blick auf den Zürichsee. Dort kann man entspannt verweilen, während in der „Autokosmetik-Halle mit Innenreinigung und professioneller Ausbeultechnik“ (Originaltext des Betreibers) alles wieder in Ordnung gebracht wird.
Eine gut gestylte Waschstrasse mit eindrücklichem Fuhrpark und VIP Kunden, strategisch optimal gelegen an der Einflugschneise aus den gehobenen Stadtteilen.

Foto: Patrick Schöll

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Foto: Patrick Schöll

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Foto: Roger Frei

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Anstatt zu loungen kann der interessierte Automobilist in Germering alle Waschgänge mitverfolgen. Die Architekten Haack und Höpfner konzipierten diesen dreischiffigen Bau aus rahmenlosen Profilglasscheiben, die Einblick in die inneren Prozesse geben.

Foto: Johann Hinrichs

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Foto: Johann Hinrichs

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Neben den Wänden ist das Dach ebenfalls transparent: Oberlichter aus ETFE-Luftkissen (pneumatische Kissen aus Ethylen-Tetrafluorethylen-Folien) spenden Tageslicht.
Auf Hubstempeln angeordnet lassen sich diese ergänzend zur Lüftungsanlage für die natürliche Belüftung anheben.

Foto: Johann Hinrichs

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Foto: Johann Hinrichs

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Um in die Schweiz zurückzukehren, begeben wir uns auf die Autobahn A13 Richtung Berge. An der Ausfahrt nach Thusis enstand die "Via Mala Raststätte", benannt nach der berühmten Viamala-Schlucht.

Foto: Susanne Fritz

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Foto: Susanne Fritz

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Die Architektur und die gesamte Corporate Identity der Raststätte sind perfekt aufeinander abgestimmt und lehnen sich an die zackigen Felsvorsprünge und Dramatik des Naturmonuments an.

Foto: Susanne Fritz

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Foto: Susanne Fritz

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Innen erwarten den Reisenden statt einem standardisierten Tankstellen-Shop ein lichtdurchfluteter Raum, in dessen Halle sich ein Restaurant mit Garten befindet. Kinderspielplatz, Konferenzraum und ein Delikatessen-Laden sind nur einige Aspekte aus dem breiten Service-Angebot.
Hier macht man gerne Rast und denkt vielleicht an die Tage, als Reisen & Rasten in dieser Gegend bedeutend unbequemer waren.

Foto: Susanne Fritz

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Foto: Susanne Fritz

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Architekten: Iseppi / Kurath. Foto: Susanne Fritz

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Architekten: Iseppi / Kurath. Foto: Susanne Fritz

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In der Schweiz lässt sich fast jeder Ort auch ohne Auto erreichen - in Kalifornien hingegen ist das Auto nicht nur Kult sondern auch eine Notwendigkeit: Aufgrund der grossen Distanzen und dem vernachlässigten öffentlichen Verkehrsnetz verbringen Kalifornier verhältnismässig viel Zeit in ihrem Wagen.
Warum nicht darin wohnen: Legendär sind die eleganten, stromlinienförmigen 'Airstream'-Wohnwagen aus Aluminium.

Wie eine Hommage an diese wirkt die Tankstelle 'Helios House' in Los Angeles von Office DA, deren Name nicht zufällig an den Sonnengott Helios anlehnt: Das Dach ist begrünt und mit Solarzellen bestückt.

Foto: Ryan Taube

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Foto: Ryan Taube

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Foto: Ryan Taube

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Das könnte als Ironie gewertet werden, da schliesslich ein fossiler Brennstoff verkauft wird - vielleicht ist die Umrüstung in eine Elektro-Tankstelle aber schon bald machbar?
Vorbildlich ist auf jeden Fall die Wahl der Materialien: dem Betonbodenbelag wurde als Zuschlagstoff anstelle von Sand Altglas beigemischt. Das gibt ihm eine funkelnde Optik. Die Stahlpaneele sind rezyklierbar, und es wurde im Innenausbau nur Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung verwendet. In den Zapfsäulen laufen Videos, die zum Energiesparen anregen sollen. Als Souvenir erhalten die Kunden Postkarten (handgemacht, Altpapier, mit Wildblumensamen) auf denen Umwelt-Tipps aufgedruckt sind.

Foto: Ryan Taube

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Die Beispiele zeigen, dass Verkehrs-Kleinbauten nicht nur Teil einer ungestalteten Strassen-Infrastruktur sein müssen, sondern mit einer hervorragenden Architektur massgeblich zur Erlebniswelt des Fahrens beitragen können. Und das ist nicht nur im Sinne der grossen Automarken, sondern auch der zahlreichen Mobilisten, die diese alltäglichen Servicestellen nutzen.