Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft von Atelier Kempe Thill | Verwaltungsgebäude

Fotograf: Architektur-Fotografie Ulrich Schwarz

Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft von Atelier Kempe Thill | Verwaltungsgebäude ×
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Ein Parlament für die deutschsprachige Gemeinschaft
Nach Ende des Ersten Weltkrieges wird mit dem Versailler Vertrag von 1919 das neutrale Gebiet um die Gemeinde Kelmis und die deutschen Kreise Eupen-Malmedy Belgien angegliedert. Hiermit werden rund siebzigtausend Deutsche zu belgischen Staatsbürgern. Seit der ersten Staatsreform (1968–1971) besteht Belgien offiziell nicht nur aus der flämischen und der wallonischen Region sowie Brüssel, sondern auch aus der deutschsprachigen Gemeinschaft mit anerkannten Rechten und Autonomien. Diese Rechte haben sich in den letzten vierzig Jahren stark entwickelt. Seit 1984 verfügt die Gemeinschaft, neben einer eigenen Regierung, über ein eigenes Parlament mit Gesetzgebungshoheit. Um hierfür einen passenden räumlichen Rahmen zu schaffen, wird beschlossen das Parlament und dessen Verwaltung in einem ehemaligen Sanatorium aus den 1910er-Jahren unterzubringen. Da repräsentative Räumlichkeiten fehlen und das Sanatorium erheblich umgebaut werden muss, wird im Herbst 2008 ein internationaler Architektenwettbewerb zur Erweiterung und Umbau des Sanatoriums organisiert, den Atelier Kempe Thill gewinnt.

Ein Landschaftsobjekt vor einem Herrenhaus
Sowohl der Wettbewerbsentwurf als auch die auszuführende Variante haben zum Ziel, Altbau und Erweiterung zu einer Komposition zu vereinen, in der beide Gebäude einen jeweils eigenen Charakter bekommen und dennoch eine architektonische Einheit bilden. Besonders delikat ist hierbei die Position des bestehenden Sanatoriums auf dem Hügel gleich einem freistehenden Herrenhaus. Es besitzt eine klassizistisch-frontal angelegte, sehr repräsentative Erscheinung und jegliche Form von Erweiterung kann schnell als unsensible Störung oder als zu zurückhaltend empfunden werden. Der Entwurf von Atelier Kempe Thill geht darum davon aus, dass der Neubau zum Altbau sichtbar und offensiv positioniert wird, um einem repräsentativen Parlamentsgebäude zu entsprechen. Durch die Beschaffenheit des Hügels, auf dem das »Sanatorium« steht, ist es mittels einer einfachen Geländeanpassung möglich, den Neubau direkt davor zu positionieren. Von außen betrachtet wird das bestehende Gebäude nicht einfach nur mit einem Neubau kombiniert, sondern geht mit diesem vielmehr eine schlüssige Synthese ein. Der Neubau bildet einen optischen Sockel für das »Sanatorium«, der dessen solitäre Erscheinung architektonisch und symbolisch betont. Das Dach und die Außenwände des Neubaus sind vollständig mit Sedumpflanzen bewachsen. Hierdurch entsteht vor dem Eingang des Gesamtkomplexes der Eindruck eines großen »Pflanzenkissens«, das eine einladende Atmosphäre verbreitet. Dieses »Landschaftsobjekt« setzt der natürlich erscheinenden Natur des Parks die inszeniert erscheinende Natur eines bewachsenen minimalistischen Objektes entgegen. Der Neubau wird dadurch sowohl Bestandteil der Landschaft als auch zu ihr ein Kontrast.
In der auszuführenden Variante muss der Neubau in der Größe reduziert werden. In dessen Verlängerung wird direkt gegenüber dem Haupteingang zum Altbau eine breite Freitreppe angelegt. Der landschaftliche Charakter des Neubaus nimmt hierdurch etwas ab, und es entsteht in stärkerem Maße ein Objekt. Die Treppe nimmt die teilweise Axialsymmetrie des Sanatoriums auf und verknüpft es dadurch architektonisch mit der Landschaft und dem Neubau. Durch die Angleichung des Fassadenputzes des Sanatoriums an die Farbe und Textur der Werksteine im Außenraum sowie die Dämpfung der Intensität der Farbigkeit der Bepflanzung des Neubaus entsteht trotz der unterschiedlichen Bedingungen ein starker kompositorischer Zusammenhang.

Ein »neues altes« Sanatoriumsgebäude
Das Sanatorium wurde vor allem durch die Umbauten der 1960er- und 1970er-Jahre stark entstellt. Die vorgeschlagene Renovierung hat darum zunächst die weitgehende Wiederherstellung der Integrität des Sanatoriums zum Ziel, und die ursprüngliche Erscheinung des Gebäudes in dessen Entstehungszeit dient hierbei als Basis. Alle bestehenden Details im Interieur wie vorhandene Terrazzoböden in Sälen und Treppenhäusern werden repariert und farblich passend ergänzt. Die bestehenden Zimmertüren in den Erschließungskorridoren werden mit ihren authentisch nachgebaut. Bei den Fenstern gilt es, gegenüber deren ursprünglicher Gestaltung mit Läden und vielen Einteilungen eine Entsprechung für die heutigen technischen Bedingungen zu finden. Die neuen Fenster werden im Gegensatz zu den früheren lediglich vertikal zweigeteilt, um trotz der modernen dickeren Doppelverglasungen sowie der dickeren Fensterrahmen eine elegante Ausstrahlung zu erreichen. Auch für die gesamte Dachdetaillierung müssen Anpassungen gefunden werden, da sich durch die notwendige Wärmedämmung die Position der Gaupen leicht verschiebt und sich deren Proportionen verändern. Für die Dachdeckung wird entsprechend der ursprünglichen Deckung Schiefer verwendet.
Neben Erwägungen zum Material und einzelnen Details gibt es ein größeres konzeptuelles Problem: Zu den Anforderungen gehört eine sehr hohe energetische Ertüchtigung zum Niedrigenergiestandard, die entsprechend den modernsten Anforderungen weit über die ursprüngliche Auslegung des Gebäudes hinausgeht und die sorgfältig in das Gesamtkonzept integriert werden soll. Hierfür sind neben einer sehr hochwertigen Wärmedämmung vor allem die Integration einer Lüftungsanlage sowie einer neuen Heizung auf Basis von Pellets von entscheidender Bedeutung. Hinzu kommt eine Gebäudekühlung über ein adiabates System, das auf Verdunstungskälte von Wasser beruht. Dies hat zur Folge, dass in Wänden und Decken ungefähr fünfhundert Kernbohrungen gemacht werden müssen, die vor allem die sehr fragile Deckenkonstruktion aus der Entstehungszeit des Gebäudes empfindlich antasten. Die Decken müssen aus diesem Grund teilweise ausgetauscht werden. Für die Lüftung bedarf es derart vieler Kanäle, dass der Korridor diese beinahe nicht mehr aufnehmen kann. Hierfür werden darüber hinaus Unterhangdecken notwendig, die die Raumproportionen empfindlich drücken.
Diese Rahmenbedingungen sind in ihrer Gänze denkbar heftig, zumal die Kosten der Renovierung unter dem Strich beinahe Neubaukosten entsprechen und den Umbau so allgemein als zweifelhaft erscheinen lassen. Atelier Kempe Thill versucht unter diesen Bedingungen den Balanceakt, das Gebäude durch den eingreifenden Umbau nicht zu entstellen, sondern in seiner Integrität dennoch zu wahren beziehungsweise architektonische Entsprechungen unter den heutigen Anforderungen zu finden, die zu ihm passen.

Landschaftliche Innenräume
Im Inneren liegt das architektonische Augenmerk darauf, inwieweit die unterschiedlichen räumlichen Bedingungen des Altbaus und des Neubaus aneinander angeglichen beziehungsweise fließend ineinander überlaufend gestaltet werden können. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Saal und dem neuen Foyer, die durch ihre teils unterirdische Positionierung unterhalb des Sanatoriums schnell die Assoziation eines Kellers wecken könnten. Hierbei reicht es nicht, durch entsprechende Fenster und Oberlichter einen lichten Raumeindruck zu erzeugen. Mindestens genau so entscheidend bei der Wahrnehmung des neuen Gebäudes ist das räumliche Szenario aller Empfangs- und Foyerräume von Alt- und Neubau zusammen. Das Foyer vor dem Saal bekommt zusammen mit dem großen neuen Treppenhaus die Funktion eines Mittlers zwischen Alt und Neu. Das Foyer wird bestimmt durch eine streng symmetrische Raumkomposition, die die Axialsymmetrie des Plenarsaals sowie des Treppenhauses durch große Wandöffnungen miteinander verknüpft. Die Wände des Foyers sind weiß verputzt, der Boden besteht hier und im Saal aus Stirnholzparkett, wodurch eine räumliche Kontinuität geschaffen wird. Der Foyerraum bietet damit einen passenden und flexiblen Rahmen für repräsentative Empfänge, Ausstellungen und dergleichen. Seine Symmetrie bildet ebenfalls das Pendant zur teilweisen Axialsymmetrie des bestehenden Sanatoriums. Die Komposition von außen wird hiermit so gut es geht auf die Raumkomposition innen abgestimmt. Die neuen unterirdischen Räume sollen möglichst so inszeniert sein, dass sie am Ende als die hellsten wahrgenommen werden.
Die große Wandöffnung des Foyers zum Saal wird verglast und bildet ein großes Aussichtsfenster, das den Blick vom Foyer durch den Saal bis in den Park erlaubt. Dieses Fenster wird jeweils kombiniert mit einem großen vitrinenartigen Fenster an den Stirnseiten des Raums, in dem Kunst gezeigt wird, die durch ein Oberlicht beleuchtet wird. Hierdurch erhält der Raum einen hellen und luftigen Charakter, der noch durch ein großzügiges zentrales Oberlicht sowie die entstehenden vielfältigen Sichtbeziehungen unterstrichen wird.
Der Plenarsaal erhält durch die Positionierung des Neubaus zunächst ideale innenräumliche Bedingungen. Er bekommt einen ruhigen Raumcharakter mit einer vortrefflichen Aussicht auf den großzügigen Park vor dem Gebäude, sodass die Landschaft fester Bestandteil des Innenraums wird. Als Basismaterial für den Saal entscheidet sich das Parlament für Holz. Hiermit soll an die traditionelle Holzkultur der Region mit ihrem durch die Wälder der Ardennen entstandenen Tischler- und Zimmermannshandwerk angeknüpft werden. Atelier Kempe Thill nimmt diesen Wunsch nach der Verwendung von Holz wörtlich und schlägt einen konsequent hölzernen Saal vor, mit einem monolithischen, ruhigen und modernen Raumeindruck. Entscheidend hierbei sind die akustischen Anforderungen: Da der Saal ausgelegt ist für Sprache bedarf es einer stark absorbierenden Raumakustik. Da furnierte Akustikpaneele nicht den architektonischen Anforderungen eines integrierten Konzepts entsprechen, wird an ihrer Stelle ein eigens entwickeltes Wandpaneel auf der Basis von Stirnholzparkett vorgeschlagen. Stirnholzparkett wird normalerweise nur für Fußböden verwendet, kann jedoch aufgrund seiner Zusammensetzung aus kleinen massiven Holzklötzchen für verschiedene andere Zwecke verwendet werden. Da es ebenfalls für den Fußboden verwendet wird, entsteht zusammen mit dem Wandpaneel eine einheitliche und gleichzeitig leicht variierte Erscheinung von Wänden, Decke und Boden sowie den fest eingebauten Tischen. Durch die Montage der Klötzchen mit 3 Millimeter breiten Fugen ist es möglich, sämtliche technische Anforderungen wie Schallabsorption, Integration von Lüftung, Fugen von Türen et cetera architektonisch in einen konsistenten Raumcharakter ohne sichtbare Roste, Lufteinlässe und ähnliches zu integrieren.

Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft

Architects:
Atelier Kempe Thill architects and planners with
Artau scrl d’architectures

Competition:
Team Atelier Kempe Thill:
André Kempe, Oliver Thill with
Pauline Marcombe
Blanca Sanchez Babe
Philipp Stalbohm
Rafael Saraiva
Saskia Hermanek

Team Artau:
Luc Dutilleux
Fabienne Courtejoie

Planning|Realisation:
Team Atelier Kempe Thill:
André Kempe, Oliver Thill, Saskia Hermanek with:

Ruud Smeelen
Daniela Bergmann
Laura Paschke
Tobias Windhus
Helen Webster
David van Eck
Andrius Raguotis
Martin Hättasch
Wojciech Jakub Narloch
Giorgio Terraneo
Roel van der Zeeuw

Team Artau:
Alice Scheen
Gaëtan Lejoly
Katrin Ossemann
François Laurent
Roland Coulon

Project management: Drees & Sommer Luxembourg SARL, Mrs. Miriam Bah

Structural Engineer: Ney & Partners
Service Engineer Installations: Bureau Boydens

Building Physics: Graner und Partner Ingenieure GmbH, Bergisch Gladbach (D)
Structural Engineer: Kempen Krause Ingenieurgesellschaft, Aachen (D)
Service Engineer Installations: ZWP Ingenieur AG, Köln (D)
Quantity Surveyor: Atelier Kempe Thill / Artau
Tender documents: Atelier Kempe Thill / Artau

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  • ID Trim

    ID Trim

    Vitra

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