Bauhaus trifft Oscar Wilde
Heinrich Heissing liebt Form, Funktion und Kompromisslosigkeit – in Lübeck schneidert er Maßanzüge und entdeckt neue Künstler für die Welt.

In der Mengstraße residiert Heinrich Heissing. Seit 16 Jahren entwirft er als Herrenschneider über Lübecks Stadtmauern hinaus Anzüge für Bohemiens und kultivierte Flaneure.

„Ich habe mich früher als Antiquitätenhändler mit office-furniture beschäftigt“, erklärt der gebürtige Münsterländer. „Zuerst waren es Art-Déco-Möbel, dann habe ich das Bauhaus und damit das Unternehmen Tecta für mich entdeckt.“ So kam es zum einen zum Aufspüren von Gemeinsamkeiten – manufaktureller Fertigung, Kompromisslosigkeit und dem Qualitätsanspruch „made in Germany“, die auch das Lauenförder Unternehmen treibt. Zum anderen zu feinen Sammelstücken: zum Beispiel dem Freischwinger mit Korbgeflecht von Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich. Oder den Aristokraten unter den Stühlen: Einen kühnen Drehstuhl-Entwurf, den Hans Könecke 1954 in Caracas gestaltete.

„Ich finde den Ansatz der Bauhaus-Designer großartig“, unterstreicht Heissing, „Nutzen und Effekt der Möbel aufzuzeigen und sie für eine breite Masse herzustellen.“

Die Liebe zum Design brachte Heissing auch zur Kunst. Vor eineinhalb Jahren erfüllte er sich einen zweiten Wunsch: er betreibt mit seiner Frau Elke im Haus Mengstraße 52 die „Heissings Art“-Galerie. Dass sie ein Gespür für zeitgenössische Kunst und Malerei haben, präsentieren die beiden auch hier. Auf lichten 220 Quadratmetern und unter historischen Balken zeigen sie inzwischen ihre siebte Ausstellung. „Ich entscheide mich für die Künstler nur mit dem Bauch“, gesteht Heinrich Heissing. Eine typische Galerie will er nicht führen, eher nur wenige vertreten, „die aber richtig“.

Einrichtung: Heinrich Heissing/TECTA, 2014